#23 wehorse-Trainer Stefan Schneider über seine Philosophie und seine Leidenschaft Working Equitation
Er ist Tierarzt, er bildet Pferde aus, er ist leidenschaftlicher Working Equitation-Reiter und er ist der Mann von Dressurreiterin Uta Gräf. Gemeinsam führen die beiden den Gut Rothenkircher Hof in Rheinland-Pfalz und ergänzen sich auch in der Pferdeausbildung: Stefan Schneider bereitet die jungen Pferde am Boden auf das Reiten vor und ist für das Anreiten zuständig, Uta Gräf bildet die Pferde weiter dressurmäßig bis zum Grand Prix aus.
Im Podcast berichtet Stefan Schneider von seiner Philosophie in Bezug auf Pferdeausbildung und -haltung, erklärt, was Working Equitation ist und warum ihn diese Disziplin so begeistert und erzählt, welche Reiter und Ausbilder ihn inspirieren und warum.
Höre im Podcast, wie Stefan Schneider durch seinen familiären Background von Kaltblütern zu edlen Sportpferden gekommen ist, wie er "Le Noir" - DAS Spitzenpferd von Uta Gräf - entdeckte und sie überzeugte, ihn auszubilden, wie ihn diese Entscheidung unter anderem zu einem Scheich nach Katar brachte und wie er es schaffen möchte, zu den zehn besten Working Equitation Reitern in Deutschland zu gehören.
Ein vielseitiger Podcast mit spannenden Einblicken in das Leben, die Ausbildung und die Haltung auf dem Gut Rothenkircherhof - auf dem das Glas immer halb voll ist und nicht halb leer. Sehr inspirierend und mit einigen wertvollen Weisheiten, die jeder für sich mitnehmen kann!
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des wehorse Podcasts. In dieser Woche habe ich wehorse-Trainer Stefan Schneider zu Gast. Er betreibt zusammen mit seiner Frau Uta Gräf den gut roten Kircherhof in Rheinland-Pfalz und wir sprachen über seine Herzensangelegenheit, das ist Working Equitation, darüber was Working Equitation eigentlich so genau ist, wie die Pferde bei Familie Gräf Schneider eigentlich leben und wer der wirkliche Star im Stall ist. Alle Lernvideos von Stefan und auch von Uta Gräf gibt es natürlich bei uns, bei wehorse.com. Und falls ihr bisher noch kein Weihnachtsgeschenk habt, haben wir den perfekten Tipp, die perfekte Lösung, einen Gutschein von wehorse. Dazu einfach vorbeischauen unter wehorse.com. Nun geht’s aber los. Viel Spaß mit dieser Folge. Eine Folge im wehorse-Podcast, auf die ich mich schon sehr, sehr lange gefreut habe, denn wir haben einen absoluten Working-Equitation-Experten zu Gast und auch einer, der durchaus das ein oder andere zu sagen hat in vielen reichsportlichen Aspekten. Hallo Stefan Schneider.
[SPEAKER 1]Hallo, grüß dich Christian.
[SPEAKER 2]Schön, dass du bei uns bist. Du bist ursprünglich eigentlich Veterinärmediziner, also hast ein Tiermedizinstudium absolviert, bist aber inzwischen sowohl im Thema Arbeit am langen Zügel, Handarbeit als auch im Bereich Working Equitation unterwegs. Wie würdest du dich denn selber beschreiben?
[SPEAKER 1]Ja, das hast du genau richtig gesagt. Also ich bin so Halbtierarzt und Halbpferdetrainer. Ich bin eigentlich über die Reiterei zur Tiermedizin gekommen. war dann direkt nach dem Studium in so einer Riesenklinik mit Kleintieren und Pferden, habe da richtig viel Erfahrung sammeln können, ein Jahr voll durchgeblockert, meistens ohne Mittagessen, von morgens um 8 bis abends um 24 Uhr nach einem Jahr habe ich einmal tief durchgeatmet und habe gesagt, das war jetzt schön und war wichtig, um Erfahrung zu sammeln, aber eigentlich stelle ich mir so mein Leben nicht vor. Und dann kam ich öfters auf so ein wunderschönes Gestüt, so ein Vollblutgestüt, Da waren früher mal 100 Pferde, jetzt hatte das ein Trainer gemietet. Der hatte da 20 Galopper im Training und habe gesagt, so, das ist so eine Anlage, so stelle ich mir mein Leben vor. Der Trainer zog aus und da habe ich mir den Hof gemietet und habe mich da einfach mal hingesetzt morgens auf den Balkon, habe unten meinen Pferden zugeguckt, bin dann runter, habe gemütlich meine 5, 6 Pferde geritten und das war so ein bisschen das, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Und dann kam schon der Erste auf den Hof, sagt, da wohnt doch ein Doktor. kannst du mal gerade eben nach meinem Pferd gucken. Da hatte ich in der ersten Woche ein Pferd, in der zweiten Woche zwei Pferde und so hat sich das gesteigert und so bin ich eigentlich in die tiermedizinische Selbstständigkeit reingestolpert. Aber das war eigentlich eine gute Erfahrung und war auch eine richtige Erfahrung, weil alle Leute, die da kamen, die kamen ohne Werbung, die kamen zu mir und das hat sich schön zusammengefunden und das war ein schöner Grundstock. Und so habe ich meine Praxis selbst aufgebaut. und habe eine ganze Zeit lang alles gemacht, also Kolikbehandlung, Lahmheiten, alles querbeet. Und jetzt habe ich mich mehr und mehr auf Zahnbehandlung spezialisiert und kann damit hier auch meinen Pferdesport frönen und Pferde trainieren morgens und mittags fahre ich raus und mache Zahnbehandlung bei den Pferden und kann so meinen Job, mein Berufsleben besser planen.
[SPEAKER 2]Aber man muss dazu sagen, du bist ja aus einer Pferdesportfamilie.
[SPEAKER 1]In jedem Fall. Also ich komme aus einer Familie, mein Großvater hat schon Pferde gehabt. Wir hatten einen Bierverlag zu Hause, also Getränke. Mein Großvater hat schon Gespanne laufen gehabt, fünf, sechs Gespanne, so richtige Bierkutschen, wo die Kutscher mit rausgefahren sind, haben die Wirtschaften beliefert. Und dann im Zeichen der Motorisierung wurde das umgestellt auf Sportpferde. Also Springen stand bei uns hoch im Kurs. Meine Brüder, mein Bruder hat Springen geritten. Und jetzt mein Neffe, Felix Schneider, ist professioneller Springreiter, hat einen Stall in Erkelenz bei Aachen. Also Springen war immer so unser Ding. Ich habe anfänglich auch mit Springen angefangen, aber hatte immer so ein Auge auf die Exoten. Was machen die Westernleute? Was machen die Zirkusleute? Was machen die Iberer? Und dann habe ich meine ersten, die ersten iberischen Pferde gesehen auf der Equitana, die ersten Equitana. Wann war das? Siebziger Jahre, wo dann Die ersten Spanier kamen und haben gesagt, das ist meine Welt hier. Das gefällt mir. Das hat mich gleich begeistert. Hab gesagt, ich muss mit den Iberern was machen. Und dann über Jean-Claude Disley, Spanier und Westernpferde. Und dann hat sich doch das immer mehr zu den Iberern verschoben. Ganzes Interesse.
[SPEAKER 2]Du bist ja ursprünglich aus dem Saarland. Und ich könnte mir vorstellen, damals, als eure Familie da mit den Bierkutschen unterwegs war, da gab es eigentlich nur das, was es im Saarland gab, Kaltblüter.
[SPEAKER 1]Ja, das waren schon so ein bisschen schwere Pferde an Kutschen, klar. Aber wie gesagt, in dem Moment, wo mein Vater, das war der Großvater, wie der Vater übernommen hat, hat er umgestellt auf LKWs. Und da wurden die Pferde sofort zum Hobby. Und dann wurden natürlich edlere Pferde im Stall gehalten. Also Springpferde. Und mein Bruder war Fan von Vollblütern. Der hat sogar mal ein englisches Vollblut gehabt, mit dem er sehr erfolgreich springen geritten ist. Also der Weg ging ziemlich rasant zu den blütigen, sensiblen elektrischen Pferden bei uns auch in der Familie. Also da waren wir immer Fans von. Also ganz schnell vom Kaltblut zum Halbblut oder sogar Vollblut.
[SPEAKER 2]Und dann quasi zum modernen Pferd, wie wir es zum Teil ja heute kennen.
[SPEAKER 1]Ja, heute ist es ja Wahnsinn, was die Zucht fertig bringt. Immer mehr Blut. Die Pferde sind super sensibel und toll, die Warnblüter. Das ist eine wahre Freude, mit denen zu arbeiten. Aber auch damals war das schon, der Trend war schon in unserer Familie ganz schnell erkennbar. Wie gesagt, mit diesem Vollblüter, das werde ich nie vergessen. Das war ein Schimmel, ein bildhübsches Pferd mit einem Araba-Köpfchen drauf. Großes, langbeiniges Pferd. Also mit dem würde man heute sogar noch sagen, komm mit dem probieren wir mal Sprünge zu reiten. Der ist ganz, der ist über die Sprünge geflogen wie eine Feder. Der ist Johnny Walker. Mein Bruder hat immer Pferde gehabt. Hier Getränkebetrieb. Natürlich auch spirituosen Wein verkauft. Johnny Walker, Jim Beam hatten wir. Immer Schnapsnamen gehabt. Das war das Marktreichen. Sehr gut.
[SPEAKER 2]Aber du hast dann zunächst, sag mal, einen Jean-Claude Deslis, da hast du sehr genau geschaut, wie macht der das? Das ist ja eher die Westernschiene gewesen.
[SPEAKER 1]Das ist richtig. Also ich hab mich immer für die guten Pferdeleute interessiert und das war für mich auch eine sehr gute Erfahrung mit dem Jean-Claude Deslis, weil das war ja schon wirklich auch ein Spezialist im Sattel so. Der hat so das Feingefühl in den Händen gehabt. Das hat mich immer fasziniert. Und dann ist es ja eigentlich, bin ich dann über die Westernschiene doch dann irgendwann zu den Iberianen gekommen. Aber ich bin auch eine ganze Zeit lang Western-Tournee geritten, Reining geritten, bisschen Working-Cow-Horse, weil ich auch hier in der Nähe einen guten Freund habe, der Reinhold Bartmann. Bei dem habe ich auch viel geguckt, von dem habe ich auch ganz viel gelernt, weil das auch ein Cowboy der alten Schule ist. Immer so in Richtung mit Rinder spezifisch, so Working-Cow-Horse. Das hat mich immer begeistert und das begeistert mich auch heute noch. Also wenn ich heute noch mal Western reiten würde, Dann würde ich auch die Working Equitation, Working Cowhouse reiten. Das ist wirklich eine super, super Art, mit dem Pferd am Rind zu arbeiten, was wir ja in der Working Equitation auch haben.
[SPEAKER 2]Genau, und das ist am Ende ja auch das Pendant, das nordamerikanische Pendant zum jetzt aufstrebenden Working Equitation, was wir in Europa sehen.
[SPEAKER 1]Genau, richtig.
[SPEAKER 2]Und du bist dann in den 90er Jahren dann aber mit der iberischen Reitweise, mit Doma Vakera, also den Vorläufern der heutigen modernen Working-Equitation-Reiterei in Kontakt gekommen.
[SPEAKER 1]Genau. Ja, also ich hab immer schon so, also Western hat mich schon so begeistert, aber jetzt nicht so wie die Doma Vakera, weil die Pferde in der Doma Vakera, die gehen halt klassisch, die gehen in der Aufrichtung. kann man versammelt reiten. Das ist nochmal so ein bisschen anderer Stil. Aber da habe ich immer schon auch, als ich Western geritten bin, bin ich schon mit den Iberian auf Western-Turniere gefahren, weil ich schon die Idee so ein bisschen hatte, man, ich will doch mal so ein Pferd, was so schön in der Aufrichtung geht und so ein bisschen mehr Ausstrahlung hat, auf Western-Turnieren. Bin ich schon ganz früh mit Iberian, mit Lusitanus auf Western-Turnieren, aber so richtig was abgekriegt hat man da nicht, weil die wollen eigentlich Die Quarter-Leute oder die Western-Leute, die wollen eine andere Art sehen. Die wollen so flache Galoppade haben, so einen flach gesprungenen Wechsel. Und wenn die über die Brücke gehen müssen, die den Hals so ganz fallen lassen. Da gibt es sogar noch ein Riesenbild, das habe ich hier noch hängen, aus einer Western-Zeitschrift. Da bin ich mit dem Lusitano über die Brücke geritten, volle Aufrichtung, das Pferd hebt richtig schön die Füße, sieht super gut aus. Aber leider war nicht das, das hat mir Spaß gemacht, dem Publikum hat es gefallen. aber nicht den Richtern. Die haben mich da immer runtergepumpt, aber das war mir gerade ganz egal. Ich will hier meine Pferde schulen und mir gefällt das und ich habe da Spaß dran. Und das war auch richtig so. Und daraus hatte ich immer schon die Idee, dass es mal eine Turnierdisziplin gibt für diese Pferde. Und das haben wir jetzt Gott sei Dank hingekriegt seit 2008 mit der Working Equitation.
[SPEAKER 2]Und da muss man sagen, bist du ja sehr aktiv. Du hast dir selber das persönliche Ziel gesetzt, unter den besten 10 in Deutschland zu sein. Für alle, die Working Equitation nicht kennen, was genau ist Working Equitation?
[SPEAKER 1]Also das ist eine Turnierdisziplin, die kommt aus Spanien, Italien, Portugal. Mutterland der Working Equitation ist Portugal. Überall dort, wo mit den Pferden an den Rindern gearbeitet wird. Also es ist eine Arbeitsreitweise. Das heißt, die Pferde gehen Im Gegensatz zum Western, da geht so ein Pferd, habe ich eben schon angedeutet, geht mehr flach, geht am Fleck, am durchhängenden Zügel. Und in der Working Equitation gehen die Pferde halt oben in der klassischen Reitweise. Genick ist der höchste Punkt und die müssen immer so ein bisschen Verbindung zur feinen Hand haben. Und dadurch kann ich ein Pferd mehr zum Tragen bringen. Also die sind aktiv in der Hinterhand, machen den Rücken rund im Idealfall. Wir reden jetzt vom Idealfall. Und das gelingt ja auch mit einem guten Pferd und einem guten Reiter. Und das ist der erhebliche Unterschied. Die Ausbildung zwischen dem, was Uta macht und was ich mache, die Grundausbildung ist genau die gleiche. Wir wollen elektrische Pferde, die gern so ein bisschen Go haben und schön zur Hand hinziehen und schön zu reiten sind mit hohem Reitkomfort. Genick höchster Punkt, also klassische Reitweise. Das ist das, was uns vereint und was wir zusammen trainieren. Western ist da halt anders. Und auch der Reitkomfort dieser Pferde ist halt auch wesentlich höher. So ein Westernpferd gibt einem nicht das Gefühl, so beim Reiten, dass man so schön bergauf galoppiert und gutes Sitzgefühl hat, wie beim Ibera.
[SPEAKER 2]Und die Basis, wie du ja sagst, das ist die klassische Reiterei, also wahrscheinlich auch eher so die europäische Reiterei, europäische Prägung. Logischerweise, du hast es ja angesprochen, in Portugal, Heimatland des Working Equitations ist ja, wenn man jetzt so turniersportlich drauf guckt, sind es ja drei beziehungsweise vier Teilbereiche.
[SPEAKER 1]Genau, also wir müssen, die Klassen gehen von E bis S und in der Klasse S reitet man einhändig quasi in der S-Dressur. Was da nicht so gefragt ist, sind zum Beispiel, zum Beispiel Mittelkraft, das haben wir zwar jetzt drin, wo ich nicht so froh drüber bin, weil ich sage einfach, es gehört einfach nicht in die Arbeitsreiterei rein. Das brauchen wir eigentlich gar nicht. Also ganz viel versammelnde Lektionen, zulegen, einfangen. Galoppwechsel ist ganz wichtig, dass ein Worker einen guten Galoppwechsel macht. Und Galopppio retten. Stops aus dem Galopp. Einmal die Dressur. Danach kommt der Steel Trail. Das heißt, man reitet so einen Trail mit Brücke. Einhändig, Brücke, Sprung drin, seitwärts über Stange, so ein klein Choral.
[SPEAKER 2]Ein Tor.
[SPEAKER 1]Ein Tor, genau. Auf Schönheit, also Dressur.
[SPEAKER 2]Das wird dann benotet, da gibt es dann, wie bei einer Dressuraufgabe, gibt es dann ein Richterkollegium, das dann eine Note gibt quasi.
[SPEAKER 1]Dass es dann eine Wertnote gibt. Auf jedes Hindernis kriegt man dann eine Noten. Die Noten gehen, wie in der Dressur, von 1 bis 10. Wenn das Pferd jetzt am Tor schön abwartet, wenn es oben durchs Genick steht, wenn die Hinterhand drunter ist und es ganz schön easy going geht, das Tor nicht so weit aufgemacht wird, mit einer Hand schön alles geführt wird und das harmonisch und gut aussieht, gibt es da schon mal eine 8 oder eine 9. Genauso, wenn das Pferd über die Brücke geht, da stehen vor der Brücke stehen zwei Pylonen, dann galoppiert man ein bisschen zu den Pylonen und wenn das Pferd mit der Sternenlinie über die Pylonenlinie kommt, dann muss der schön taktreinen Schritt gehen. Über die Brücke, taktreinen Schritt. Und hinten dran stehen wieder zwei Pylonen, wenn das Pferd mit der Schweiflinie über die Pylonen ist, dann wieder schön angaloppiert im ruhigen Takt. Also es muss einfach schön harmonisch gut aussehen und dann gibt es gute Noten. Danach reitet man den gleichen Parcours auf Zeit. Also da geht es nur um Fehler und Zeit. Wenn ich das Tor umschmeiße, muss ich absitzen, muss es wieder aufstellen. Das heißt, ich muss so ein bisschen meinen Kopf auch benutzen und nicht da hysterisch darüber galoppieren, sondern muss wirklich das mit Kopf und Verstand tun. kurze Wege, schnelles Tempo zwischendrin, aber am Hindernis immer schön Ruhe bewahren und das Hindernis fehlerfrei bewältigen. Also so ähnlich wie im Springparcours auch. Wenn ich, wenn ich Sprünge abreiße, dann gibt es Fehler. Bei ihr gibt es Strafsekunden, gibt Strafsekunden. Und das ist eigentlich sehr beliebte. Das Publikumsmagnet, da sind immer ganz viele, ganz viele Leute da, die sich dafür interessieren. Und das Schöne ist, da kommt jetzt, wenn so ein internationales Turnier ist, wie jetzt, wir hatten ja die Weltmeisterschaft in München, dann kommen dann die Franzosen in französischer Tracht mit den Camargue-Pferden, die Portugiesen kommen in portugiesischer Tracht mit Lusitanos, dann kommen die Franzosen-Mädels in französischer Tracht mit französischer Musik und schönen Pferden. Das ist halt für das Publikum sehr, sehr abwechslungsreich und schön und das ist, da war der Teufel los da in München. haben die gezählt. Ich meine, da ist ja internationales Turnierspringen, Dressur und Working Equitation Weltmeisterschaft. Die haben der Working Equitation 20.000 Zuschauer zugeschrieben. Die können das ja so ein bisschen erfragen. Und jedenfalls beim Speed Trail standen die Leute da in drei bis vier Reihen. Da war richtig gute Stimmung. Das war richtig, richtig toll. Viele Schlachtenbummler da mitfahren und alles. Und ein Gejohle und Gejubel und die Pferde machen einen Bombenjob und die Reiter natürlich auch. Also das war wirklich ein Highlight.
[SPEAKER 2]Und was mich auch immer beeindruckt, ich habe das Studio aus der Ferne verfolgt, fährt international die große Veranstaltung auf der Olympia-Reitanlage in München-Riem. Und man hat auch aus der Ferne mitgekriegt, es ist einfach eine unglaublich gute Stimmung. Und man ist, glaube ich, auch untereinander sehr, sehr kollegial. Zumindest sieht es von außen so aus.
[SPEAKER 1]Ja, also das war vielleicht, muss ich noch erzählen, 2008 hatten wir das erste Working Equitation Turnier in Pullman City. Das ist in Bayern da unten. Also Pullman City ist so eine Westernstadt. Und jedenfalls… Also ich habe da immer schon mal philosophiert, zusammen mit dem Stefan Baumgartner. Wir haben uns immer in Aachen getroffen. Da ist die Uta zur Ressort geritten. Ich war mit als TT. Und Stefan Baumgartner hatte dort einen Stand, so hat er das Zettel verkauft. Und wir haben immer gesagt, wir müssen so irgendwas mal anfangen. So ein Trail. Ich habe einmal so ein Trail gesehen auf der Seacup auf Zeit. Das hat mich unwahrscheinlich beeindruckt. Also sowas müssen wir ins Leben rufen. Wir müssen es da mal schlau machen. Da haben wir uns beide belesen und gemeint, da kann man irgendwann hier in Portugal gibt’s das, hier Working Equitation, das müssen wir anfangen. Damals hat man noch gedacht, Doma-Vaquera-Turnier plus Working Equitation, haben wir dann das erste Turnier ins Leben gerufen, Pullman City 2008. Ich mein alten LKW raus, alle Ibera aufgeladen, da runtergefahren. Und das war ein Wahnsinns-Turnier. Also wenn du sowas nochmal machen willst, da kam halt alles hin, was ein Ibera oder ein Friese oder irgendwas hatte und jeder hat da sein Bestes gegeben. Das war so eine bunte Mischung, dass ich lach mich heute noch kaputt. Zum Beispiel ist da einer reingeritten mit einem Friesen in die Frisurprüfung ohne Sattel, barfuß. Also da kam alles. Da ging alles. Und am Abend Party dort in Pullman City, der ganze Ding, da ist ja so eine Westernstadt mit mehreren Kneipen. Da war halt der Träum los. Jeder hat sein Pferd noch mal gesattelt, ist durch die City geritten. Da war wie Feria in Jerez. Die Mädels auf den Tischen getanzt. Da war richtig was los. Da bin ich nach Hause gekommen und hab gesagt, Uta, das war das schönste Turnier meines Lebens. Richtig gute Stimmung. Pferdesport. Jeder hat das Beste gegeben. Jeder hat versucht, sein Pferd nach besten Bedingungen vorzustellen. Es war einfach lustig. Es war einfach gut, sagt sie. Das nur beim ersten Mal, so sagt sie. Hat mich gleich auf den Boden der Tatsachen geholt wieder. Wenn es dann mehr um Erfolge geht und wenn es dann so ein bisschen Geld im Spiel ist und Pferde trainieren und Unterricht, dann geht die Konkurrenz los. Aber ich muss sagen, bis jetzt macht es mir richtig viel Spaß. Man muss sich die Leute raussuchen, die zu einem passen und mit denen abends feiern und dann gibt es viele Gleichgesinnte, die ähnlich denken und dann macht es Spaß. Mir geht es wirklich, ich will immer gute Pferde haben und will die Pferde weiterbringen und das ist meine Motivation. Erfolge sind bei mir sekundär. Natürlich freut man sich, wenn man mehr vorne platziert ist, aber es ist kein Muss bei mir. Und deswegen glaube ich, dass mir der Spaß auch noch ein bisschen erhalten bleibt, weil ich einfach das Ganze aus einem anderen Blickwinkel sehe. Aber auf jeden Fall, Pullman City, das erste Turnier war super und jetzt haben wir auch wieder schöne Turniere zusammen geritten und die Gesellschaft ist gut und das macht Spaß.
[SPEAKER 2]Du hast es ja gerade gesagt, dass Working Equitation Von den Pferden her sind es iberische Pferde, es sind aber auch Kamak-Pferde aus Südfrankreich. Und wenn man bei iberischen Pferden hinguckt, natürlich der Lusitano. Und dort wart ihr gerade, also ihr, deine Frau, Uta Gräf und du und noch einige weitere wart ihr gerade in Golga, der Heimat der Lusitanos, zur großen Feria.
[SPEAKER 1]Richtig. Also da trifft sich einmal im Jahr zum Martinstag so, wir waren jetzt vom 6.11. bis zum 10.11. dort und da trifft sich alles, sage ich immer, was irgendwann mit dem Lusitano was zu tun hatte. Sag ich immer, jeder, der mal einen Lusitano berührt hatte, der trifft sich dort. Also das sind die ganzen Züchter, die haben ihre Kassetas da stehen, das sind so kleine Häuschen. Nebendran stehen ein paar schöne Pferde, die sie mitgebracht haben zum Ausstellen. Und da trifft man sich mit denen, geht rein, trinkt ein Weinchen. Und dann reiten da tausende, gefühlt tausend Leute mit ihren Pferden da im Kreis rum. In der Mitte sind so größere Vorführungen. Da war zum Beispiel die Hofreitschule aus Belem. Die haben eine superschöne Show, klassische Show gemacht mit sehr guten Reitern und sehr guten Pferden, muss ich wirklich sagen. Sogar die Uta war sehr beeindruckt und die ist sehr anspruchsvoll. Also gut reitende Reiter und gute Pferde mit Levaden, Schulsprüngen, fliegenden Wechseln. Pioretten alles, also klassische Reitkunst auf gutem hohem Niveau, muss man sagen. Und außenrum reitet halt jeder, der ein vorzeigbares Pferd hat, die putzen sich da raus, reiten da mit ihren schönen Klamotten und Kutschen fahren sie da rum und es ist wirklich eine schöne Atmosphäre da. Und man trifft halt viele Leute und sieht auch mal ein Pferd, was einem gefällt, da kann man sagen, komm, ist ja zu verkaufen, kann man den ausprobieren. Das ist immer eigentlich ganz schön da.
[SPEAKER 2]Das ist ja wirklich das Herz der Lusitano-Zucht und fast auch der portugiesischen Kultur da. Ich glaube, jeder Portugiese kennt Golgar und die Leute sind einfach unglaublich stolz auf ihre Pferde und auch ihre Kultur dort.
[SPEAKER 1]In jedem Fall, ne? In jedem Fall. Und das Schöne ist halt, da ist halt wirklich der Normal-Otto Normalreiter, der Freizeitreiter, aber auch in portugiesischer Kluft, ne, schön rausgeputzt. Also das hat richtig Stil, das Ganze. Und zum Beispiel habe ich da Daniel Pinto getroffen, der ja international unterwegs ist, mit dem einen getrunken, ein bisschen rum erzählt. Das finde ich durch alle Schichten alles da. Und das finde ich sehr spannend und sehr bunt.
[SPEAKER 2]Ist das etwas, wo du auch sagst, deswegen habe ich das Leben mit den Pferden, deswegen betreibe ich den Sport, um auch sowas dann zu erleben? Weil wer kommt schon mal nach Golga? Das ist ja auch großartig, das zu erleben.
[SPEAKER 1]Meine Faszination sind die guten Pferde und das Training mit den Pferden und die Reiterei. Und dann ergibt sich das andere natürlich, das ist das, was der liebe Gott obendrauf packt, die schönen Momente, die man dann hat hier gesellschaftlich auch. Also erst die Reiterei und die Pferde und das andere ergibt sich dann von selbst, die guten Kontakte.
[SPEAKER 2]Ist es denn für dich als Working-Equitation-Reiter und auch als Ausbilder, kriegst du deinen Job? Du hast ja eben erzählt, dass du morgens reitest und nachmittags dann als Tierarzt unterwegs bist mit Schwerpunkt 10. Kriegst du das unter einen Hut?
[SPEAKER 1]Ja, in jedem Fall. Seitdem ich die 10 mache, habe ich ein planbares Leben. Das Schlimme war vorher immer, wenn du jetzt so viele Notfälle hast, Kohliger hast und alles mögliche so am Wochenende, jetzt freust du dich schon das ganze Wochenende, dass du dein Pferd mal in Ruhe, dass du mal schön in den Wald reiten kannst, hast dein Pferd geputzt und gesattelt, dann geht’s Telefon, dann ruft ein Kunde an, Kohlig, schnell kommen. Das ist das, was unseren Job so unattraktiv macht. Also da, wenn man das mal so 20 Jahre gemacht hat, was ich ja getan habe, dann langt das irgendwann. Weil irgendwann ist es rum, da kann ich nicht mehr reiten und dann brauche ich auch kein Geld mehr, dann ist der Spaß weg. Und deswegen ist es jetzt mit den Zahngeschichten, das Leben ist für mich planbarer und ich habe seitdem viel mehr Lebensqualität, weil ich wirklich hier meine Pferde trainieren kann, meine Turnierpferde, meine Trainingspferde, die jungen Pferde, mit der UTA schön zusammenarbeiten kann. Mit der UTA auch mal vier Tage nach Nürnberg waren wir jetzt auf dem Turnier Qualifikation für den Nürnberger Burgpokal oder wir machen Seminare zusammen oder ein paar Kurse. Das kann man dann einfach in aller Ruhe machen. Man muss nicht immer ein schlechtes Gewissen haben, dass man seine Kunden vernachlässigt oder den Notfällen. Jetzt sage ich, ich mache keine Notfälle mehr, mache nur noch Zähne und mache in meinem Stall natürlich alles. Aber ansonsten hat sich das sehr zum Guten gewendet, das Ganze.
[SPEAKER 2]Du hast es ja gerade gesagt, du betreibst zusammen mit Uta Gräf das Gut Roth Kircherhof. Das ist in Rheinland-Pfalz, Kirchheim Bolanden zwischen Mainz und Kaiserslautern. Also es ist am Ende zum einen das dressursportliche Thema und du betreust Working Equitation, aber auch vor allen Dingen die Arbeit am langen Zügel. Warum ist dir das so wichtig?
[SPEAKER 1]Also mein Job hier im Ausbildungsstil sind die Working Equitation Pferde und vor allen Dingen die jungen Pferde zum Antrainieren. Also wir haben ganz, ganz viele Pferde zum Anreiten. Die Uta würde das nicht machen, die will das nicht. Die sagt, sie will S-Reiten und will keine Pferde anreiten. Aber mir macht das unheimlich viel Spaß, weil ich kann die Pferde am langen Zügel super für die Reiterei vorbereiten, sodass das auch gar nicht mehr für die Mädels, gar nicht mehr gefährlich ist. Also ich krieg rohe Pferde, gute, sehr, sehr gute Dressurpferde, hab auch jetzt zwei Springpferde da, ganz elektrische Pferde und ich erfreue mich immer dran, an der Zucht, was die Zucht fertig bringt, wie gut die Pferde geworden sind, wie schnell die lernen, wie sensibel die sind. Und das ist so mein Hauptjob hier. Also ich fange mit denen an im rauen Pen, mache Bodenarbeit, dann gehe ich schnell darüber zur Arbeit am langen Zügel über. Das heißt, bevor der Reiter draufkommt, gehen die schön durchs Genick am langen Zügel, die gehen seitwärts, die halten an, die gehen rückwärts. Ich gehe mit denen ins Gelände, dann gucke ich, gehen die vom Hof weg, Was machen die im Gelände? Werden die heiß? Sind die kuckisch, dies oder das? Wenn das alles gut funktioniert, dann kommt ein mutiges Mädelsraum. Wir haben Gott sei Dank vier, fünf sehr gute Lehrlinge, die elastisch sind und gut reiten und Gefühl haben und keine Angst haben. Und dann gehe ich mit denen ins Gelände relativ früh. Also erst im Rauenpenschritt, Rabgalopp. Und dann laufe ich hinter denen her ins Gelände eine kleine Runde und dann gehen die Pferde relativ zügig. Sagen wir mal so nach sechs Wochen, acht Wochen gehen die schon ins Gelände. Und das macht sehr viel Spaß, weil man da richtig schön vorankommt mit den Pferden, wenn man so die ganz roh kriegt. Und man erfreut sich über die Erfolge, weil das so schnell geht mit denen, weil die so mitmachen. Und man kommt schnell voran und das ist eigentlich der beste Motor für die Motivation.
[SPEAKER 2]Würdest du sagen, dass man eigentlich mit jedem Pferd, mit jedem jungen Pferd erst mal mit dem langen Zügel anfangen sollte?
[SPEAKER 1]Also viele Wege führen nach oben. Also wir machen das halt so mit gutem Erfolg, möchte ich sagen. Es gibt viele, viele Möglichkeiten. Wir haben ja zum Beispiel jetzt auch ein Seminar mit Greinberg, der macht es mit einem langen Seil. Jeder hat so sein Ding, aber ich bin absolut Fan vom langen Zügel, weil das ganz dicht an der Reiterei dran ist. Also ich treibe das auch nicht zum Exzess mit dem langen Zügel, sondern ich mache es wirklich als vorbereitende Maßnahme für die gute Reiterei. Und wenn es irgendwann ein Problem gibt, wenn ich jetzt zum Beispiel sehe, dieses Mädchen kommt nicht mehr vom Hof mit dem Pferd, dann nehme ich einen langen Zügel, kann das Pferd von unten wunderschön korrigieren. Ich sitze immer am längeren Hebel, beziehungsweise am längeren Zügel und gehe immer als Gewinner aus dem Konflikt hervor, sage ich jetzt mal. Und wenn ich oben drauf sitze, kann da so ein Pferd, so ein Hengst, haben wir ja viele Hengste, die kaufen da schon mal den Schneider. Wenn die dreimal richtig hoch in die Luft gehen, hauen die mal Ballon mit ihrem Hals oder mit ihrem Kopf. dann kannst du ja schon mal in Wohnungsnot kommen. Und mit dem langen Zügel kannst du dir in den Schneid so ein bisschen abkaufen, ohne dass du da Gewalt anwendest. In aller Ruhe. Und kannst gucken, wie weit geht denn der? Steigt er dreimal? Steigt er viermal? Steigt er so, dass er bald umfällt? Also ich kann so ein Pferd wunderschön abchecken, ohne dass ich da immer Kopf und Kragen riskieren muss.
[SPEAKER 2]Also auch ein Sicherheitsthema.
[SPEAKER 1]Absolut, absolut. Und Und wenn so ein Pferd dann mal so korrigiert ist, wenn ich damit durchgekommen bin, dann kämpft er unterm Reiter auch nicht mehr. Dann weiß ich ihn einzuschätzen, dann weiß ich genau, ist es lebensgefährlich oder gibt er irgendwann auf. Man lernt so ein Pferd einfach kennen, ohne dass man jetzt Kopf und Kragen riskiert. Das ist halt das Schöne daran.
[SPEAKER 2]Werden die Pferde denn bei euch sowohl unter einem Dressursattel, also eher im UTAS-Bereich, ausgebildet als auch im Thema Working Equitation? Oder sagt ihr irgendwann, okay, das wird ein Dressurpferd und der andere, der geht eher Richtung Working Equitation?
[SPEAKER 1]Ja, in jedem Fall. Also das weiß man ja meistens schon vorher. Das hängt ja von den Besitzern ab. Die Besitzer sagen, wir wollen dies, wir wollen jenes. Aber jetzt haben wir zum Beispiel auch Frau Dr. Jutta Scherita hier auf dem Hof, die hat ein Pferd aus der Thüringen-Ghettin, ganz tolle Stute, die hatte ich auch mit auf dem Seminar, die sagt, mein Pferd soll ganz breit ausgebildet werden. Also das schadet dem Pferd nichts für seinen späteren Werdegang. Natürlich Traumziel ist für sie, dass das Pferd irgendwann mal Grand Prix geht mit der UTA. Das ist ihr Traumziel. Aber sie sagt, was ja auch meiner Meinung voll und ganz ist, der schadet nichts, wenn die ein breites Spektrum hat. Also die soll auch ein bisschen working gehen. Da kann man so ein Pferd mitnehmen auf Turnier in aller Ruhe. schnuppern die Turnierluften, die gehen mal so einen Trail, die gehen eine kleine Dressur. Das ist ja eher förderlich, das ist ja eher gut für so ein Pferd, wenn es viel sieht und vielseitig ausgebildet wird. Und andere sagen, meiner soll Working gehen, der hat keinen genug Trapf für einen Dressursport, der geht jetzt Working Equitation. Oder die Leute sagen, hier mit meinem kannst du ruhig ein bisschen Trail üben, das ist gut, weil ich will auch viel ins Gelände reiten und es schadet nichts, wenn ein Pferd über eine Brücke geht und man durchs Wasser geht und alles. Das schadet ja in keinem Fall. Also das wird ganz individuell gehandhabt.
[SPEAKER 2]Und was ich ja auch so interessant finde bei euch, das Thema Haltung und wie die Pferde auch ihren Tag verbringen, ist euch sehr wichtig. Also es gibt sehr viel Weidegang. Ihr habt derzeit noch keine Halle, aber du sagtest mir ja jüngst, ihr baut gerade eine. Warum ist euch das so wichtig, dass die Pferde pferdegerecht gehalten werden, auch viel rauskommen, auch ins Gelände geritten werden? Warum ist das so?
[SPEAKER 1]Also die Pferde, die haben eine ganz andere Motivation zu gehen. Ich sage, manche Pferde sehen den ganzen Winter, sehen die Boxhalle, Boxhalle, Boxhalle, Lektion, immer das Gleiche. Das ist wie wenn wir jeden Tag an den Schreibtisch müssten. Also ich sage, ich fahre ja auch mal gern über Land, fahre gern auf Turnier, habe gern ein abwechslungsreiches Leben und bei den Pferden ist das ja ganz genau so. Und die Pferde sind halt sehr impulsiv. Wir wollen beide die gleichen Typen, sage ich jetzt mal die Uta nicht. Wir wollen richtig Pferde, die richtig Go haben, die richtig elektrisch sind, die richtig sensibel sind. Und die werden in der Box verrückt. Ich habe zum Beispiel ein Pferd mal hier zum Anreiten. Das war ein richtiger Musterschüler. Der war richtig, richtig toll. Drei Monate angeritten. Dann konnte ich den im Kundenauftrag sehr gut verkaufen. Da kam der in so einen typischen Reitstall, wo er nicht rauskam. Da hat er jeden Tag, in der Box hat er sich verstümmelt. Da stand er in der Krippe drin, da hing er in der Kita. Der war einfach nicht ausgelastet. Und dann ist die Frau von Stall zu Stall und immer selber und irgendwann war er verletzt. Und sie war in der Klinik und da kam er zu uns zur Reha. Und da habe ich den jeden Tag am langen Zügel gehabt zum Aufbauen. Das ist dann nach vier Wochen ist der Piaviert wie ein Gott. Ein kleines Pferd, elektrisches Pferd mit richtig Ich liebe dieses Pferd. Der ist jetzt noch bei uns. Jedenfalls, der ist jetzt jeden Tag draußen in der Herde drin. Der fühlt sich wohl. Der ist den ganzen Tag am Spielen. Ganzen Tag. Und abends kommt er rein, da ist er müde, ist ausgeglichen, hat immer Heu zu fressen. Das ist absolut wichtig. Und das ist jetzt zum Beispiel ein Pferd, mit dem könntest du jede Working Equitation gewinnen. Mit dem Pferd kannst du mal Grand Prix reiten, weil der hat alles, was ein gutes Pferd braucht. Einzige ist, der ist nur 1,62 Meter groß. Aber das würde mich jetzt mal sehr reizen, so ein Pferd mal mit der Uta in den Grand Prix Sport zu bringen, das macht halt richtig Spaß. Also wie gesagt, das ist so ein Beispiel für ein Pferd, der würde in der Box, in normalen Haltung, würde der verrückt werden. Der würde anfangen zu koppen, zu weben, alles machen, was Gott verboten hat, garantiert. Und hat sich ja wirklich auch immer selbst verstümmelt. Also die Verletzung, die er hatte, die hatte er sich nur in der Box vor lauter Langweile beigebracht. Und jetzt ist der ausgeglichen super, geht ganz erfolgreich, M-Tresor mit der Besitzerin. Sie hat leider den Plan, dass sie den selbst streiten will. Das ist eigentlich ein bisschen schade. Also den hätte ich gern, sehr, sehr gern für die Uta. Den würde ich auch jederzeit wieder zurückkaufen, das Pferd.
[SPEAKER 2]Aber das ist ja genau, was du sagst. Ich glaube, wenn man dich oder mich jetzt den ganzen Tag in ein kleines Kämmerchen sperren würde, würden wir ja auch irgendwann nicht mehr so gut drauf sein, vielleicht mal irgendwann auch anfangen zu weben oder zu koppen oder was auch immer. Das ist ja bei Pferden nicht anders. Die brauchen Abwechslung, die brauchen auch mal unterschiedliche Dinge, die sie sehen und wie sie geritten werden. Genau das lebt ihr ja.
[SPEAKER 1]Genau, dass die Pferde, die so geistig rege sind, die wir später brauchen, die wirklich, sag ich immer, die Schenkel zwei Zentimeter zurück und dann vier, zehn Minuten am Stück. Diese Pferde, das sind die, die auch Beschäftigung brauchen. Ich meine, früher waren das andere Pferde, das waren so mehr Kallblut, die konnte man in die Box stellen. Die haben das einem nicht so krumm genommen. Und viele sagen ja auch, die haben doch gar kein Pepp mehr. Die Pferde, die wir haben wollen, die haben so viel Pepp. Die kannst du im Ofenstall halten, samstags, sonntags, sattelst du und reitest Turnieren. Dann haben die Power. Das sind ganz andere Pferde. Ja.
[SPEAKER 2]Und das Paradebeispiel dafür ist ja eigentlich Lenoir. Inzwischen 18-jährig. Lenoir für alle, die ihn nicht kennen. Das Pferd, mit dem Uta, deine Frau, eigentlich ihre größten Erfolge hatte. Wiesbaden, Aachen, viele weitere Turniere. Und der ist 18 Jahre und ich habe ihn letztens selber auch wieder gesehen. Topfit, wie eh und je. Sieht spitze aus, als wäre er noch ein Jungspund.
[SPEAKER 1]Das ist wirklich so, ja. Das ist wirklich so. Also der, durch die Haltung, das hat dem Ganzen, ich sage immer, die Pferde, was macht, ich sage meinen Kunden immer, was macht ein Pferd in der Natur, ne? Läuft und frisst und läuft und frisst. Und je mehr mir ein Sportgerät daraus machen wollen, das heißt Boxstellen, Scheren, Decke drauf, auf Späne, morgens und abends ein bisschen Heu nur. Dann provozieren wir die Krankheiten. Die Pferde kriegen durch zu wenig Heu, kriegen sie Magengeschwüren. Und dann durch das Stehen, diese Extrembelastung. Wer reitet schon, vor dem Reiten müsste man normal eine Stunde Schritt reiten. Wer macht das schon? Das ist gar nicht, im Trainingsstall gar nicht möglich. Bei uns haben die Pferde rund um die Uhr Heu. Wir haben so Gitter, wo die mit dem Kopf durch können, so Fressgitter. Da liegt das Heu quasi aus der Stallgasse und die haben immer Zugang zu Heu. Wenn die Pferde das Heu in der Box liegen haben und vertrampeln, das tut mir auch in der Seele weh. Aber hier wird kein Heu versaut. Es liegt immer Heu, die können immer fressen. Dann kommen die morgens alle auf einen großen Auslauf, also wir haben hier einen Winterauslauf befestigt mit Kunstrasen, da ist kein Matsch, nix. Auch wieder Raufen drauf, die können den ganzen Tag laufen und die Mädels holen die quasi dann vom Auslauf rein und reiten die dann. Die haben sich dann schon bewegt, die sind locker, da muss man nicht eine halbe Stunde Schritt rein, sondern man kann relativ zügig loslegen. Dann haben wir noch Führanlage, die man im Sommer mit Wasser fluten kann, da laufen die im Wasser. Und so machen wir uns halt ständig Gedanken, wie wir die Pferde in Gang halten. Keep the horses moving. Immer, dass sie immer schön in Gang sind. Das ist A und O. Die Gelenke sind geschmiert, die Bänder sind warm, wenn die geritten werden. Und ich glaube, dass wenn ein Pferd so 23 Stunden in der Box steht und eine Stunde gearbeitet wird, dass es, dass die Gesundheit darunter leidet.
[SPEAKER 2]Und wie man ja auch bei bei Lenoir sieht, der wirklich so gut in Schuss ist, wie er wahrscheinlich, also wenn man es nicht weiß, würde man ja niemals sagen, dass es ein 18-jähriger Hengst.
[SPEAKER 1]Das ist, das ist wirklich so. Also der hat jetzt hier, der hat so eine Box, Und vorne dran der Riesenkoppel. Also der kann rein, raus, gerade wie er will. Der ist immer im Gang. Der kann sich immer bewegen, gerade so wie er will. Und den hol ich, mach halb da drauf. Den hab ich halt vier Wochen nicht in der Hand. Und dann piaffiert er den Passagier. Der bietet das von sich aus an. Also mental hat er noch richtig Spaß an dem Sport. Und das zeigt er auch. Überall wo der auftritt, sind die Zuschauer begeistert, weil der bringt das rüber. Das kann man keinem Pferd beibringen. Das kann man nicht antrainieren. Der hat diese Aura immer noch, dass der Spaß hat, der trabt, der sagt, endlich wieder kann ich mich zeigen, so. Und das macht mir, als wenn ich den am langen Zügel habe, macht mir jedes Mal Spaß, muss ich sagen. Und der ist einfach der, das ist das Beispiel, dass seriöse, klassische Reiterei und gute Haltung, dass es die Pferde gesunder hält. Ständige Bewegung ist halt absolut essentiell.
[SPEAKER 2]Ist Lenoir sowas wie der Superstar bei euch im Stall?
[SPEAKER 1]Ja, also dem Pferd haben wir ganz, ganz viel zu verdanken. Absolut. Und das Schöne ist, er kam ja zu uns und ging ja nicht so richtig voran vorher. Und ich habe immer gesagt, Uta, das Pferd, der gefällt mir so gut, da müssen wir was draus machen. Das ist für mich auch so ein persönlicher Erfolg, muss ich sagen. Immer, wenn ich den sehe, freue ich mich, weil Uta hat am Anfang, ah, das gibt nichts. Sie jammert immer so ein bisschen auf höchstem Niveau. Und ich musste da schon so ein bisschen überreden, dass wir das Pferd anpacken. Ich hab das Pferd gesehen, einmal gesehen, hab den raus, hab dann eine klinische Untersuchung gemacht und hab gesagt, das ist ein Traumpferd. Der so um mich rumgedreht auf dem harten Pflaster, schon so richtig so, wie er das jetzt heute auch noch macht. So geschickt, wie der sich bewegt und so schön, wie der sich bewegt. Ist ein reines Springpferd, reines Springpedigree, aber so ein lockeres, schönes Pferd und dann Rappe und viermeise Füße. Die war direkt verknallt in den. Hab ich gesagt, egal wie, der ist gut im Kopf, den müssen wir hinkriegen. Und dann, wie gesagt, das hat ein halbes Jahr gedauert. Wirklich ein halbes Jahr, bis wir den aufgebaut hatten. Und dann hat der erste Tresor gleich gewonnen. Also der kam zu uns mit Platzierung in A und L. Und dann, gut, da ist die erste M geritten, hat er gleich gewonnen und ging die Siegesserie los. Also überall, wo er war, hat er das Publikum begeistert. Und wirklich, das ist auch so. Für mich so, wenn ich ihn sehe, weiß ich, okay, das war eine schöne Sache, gute Sache. Wir sind durch ihn nach Katar gekommen, Einladung vom Scheich, mit ihm rübergeflogen, dort geritten, dann waren wir in Lipica, überall. Und wenn wir Montags zu Hause waren, hat das Telefon nicht stillgestanden, da rufen Leute an aus der ganzen Welt, ja, ist es fair zu haben und hin und her. Also das war schon, ich glaube, sowas erlebt man nur einmal im Leben. Das war schon toll. Großartig.
[SPEAKER 2]Lieber Stefan, am Ende eines jeden WeHouse-Podcasts haben wir immer die vier obligatorischen und klassischen WeHouse-Fragen und die möchte ich auch dir stellen. Und Frage Nr. 1 ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?
[SPEAKER 1]Also ich habe von meiner Frau viel gelernt in der Richtung. Das Glas ist nicht halb leer, sondern halb voll. Man muss sich mit kleinen Erfolgen zufrieden geben und immer denken, wenn mal was schief läuft, könnte alles schlechter sein. Also das habe ich so ein bisschen von ihr angenommen. Früher war ich auch öfter mal so ein bisschen schlechte Laune. Aber heute, wenn ich aufwache und gucke auf meinen Hof und sage, das ist einfach schön hier. Man muss das Schöne auch erkennen. Nicht denken immer weiter, immer schneller, immer höher, immer irgendwas anstreben, sondern wirklich mit dem zufrieden sein, was man hat. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig im Leben.
[SPEAKER 2]Also positiv denken.
[SPEAKER 1]Ja.
[SPEAKER 2]Dann Frage Nummer zwei. Gibt es einen Menschen, der dich persönlich besonders geprägt hat?
[SPEAKER 1]Also ich würde schon sagen hier, mein Freund Reinhold Bartmann, der ist hier, der wohnt nicht weit von mir weg. Der hat seine Familie ernährt nur mit Pferdesport. Im Westernsport ist es schon schwierig. Der hat nur so ein kleines Matschraum drin gehabt und ein paar Hütten außenrum. Aber ist und bleibt ein richtiger Pferdemann. Und der hat einen super Job gemacht mit den Pferden. Und der ist so, wie soll ich sagen, der ist so bodenständig. So bodenständig, so normal. wie es heute im Pferdesport nur noch wenig Leute gibt. Er hat immer gesagt, er hat so ein gutes Auge gehabt für Pferde und hat immer die Füße um den Boden gehabt, es nie abgehoben, auch wenn er Erfolg hatte. Und das ist schon ein bisschen Vorbild für mich. Also immer schön seriös einen guten Job machen, sich mit kleinen Erfolgen zufriedengeben und dann läuft das. Und das hat er mir vorgemacht. Auch mal, wenn es richtig gut läuft, hat man ja mal so ein bisschen die Tendenz abzuheben und zu spinnen und der hat mir das gezeigt, dass man das nicht muss und trotzdem ein schönes und erfolgreiches Leben führen kann.
[SPEAKER 2]Dann Frage Nummer drei. Wenn du Reitern oder Pferdemenschen dieser Welt eine Sache im Umgang mit Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?
[SPEAKER 1]Einfach mal so ein bisschen, so wie es Mondi Robert auch angestoßen hat und gezeigt hat, einfach mal so ein bisschen sich in das Pferd rein versetzen, zu denken. Einfach mal zu versuchen, wie denken Pferde. Alles aus der Sicht des Pferdes zu sehen. Wenn ich jetzt zum Beispiel ein Pferd jetzt im Raumpenn habe, das allererste Mal, schick den raus, lass den außen rumtraben und irgendwann fängt das Pferd an, nimmt mit dem Ohr Kontakt auf. Und das muss ich sehen. Das muss ich sehen, das muss ich fühlen. Und da haben wir früher, muss ich ja ganz ehrlich sagen, da haben wir ja nie uns Gedanken drüber gemacht. Ich bin in traditionellen Stahl aufgewachsen. Die Grundlage war die Militärreiterei quasi. Mein Vater war im Krieg mit dem Pferd unterwegs und es war einfach eine andere Denke. So ein bisschen du musst gehorchen, auf Teufel komm raus. Aber wenn ich so ein Pferd so ein bisschen lesen kann, wenn ich da ein Auge für habe, ein Pferd zu lesen und dann wird vieles leichter und vieles besser. Also das muss man so Monty Roberts und so Pat Pirelli schon zugute halten. Die haben die Menschheit hier immer aufgerüttelt, haben gesagt, hier, darauf müsst ihr mal achten. Und seitdem ist es für mich auch viel leichter, ein Pferd zu trainieren, seitdem ich das so ein bisschen erkannt habe und so ein Pferd lesen kann. Aber man muss da so ein bisschen aufgerüttelt werden zu. Man muss so ein bisschen wachgerüttelt werden dazu, um das zu sehen. Also verstehe dein Pferd. Einfach mal, einfach mal, einfach mal sich ins Pferd reindenken. Nicht sage, du blöder Bob, sondern sage, warum macht er jetzt das? Es gibt widersetzliche Pferde. Aber die meisten werden widersetzlich gemacht, weil der Mensch sie nicht so gut lesen kann. Okay.
[SPEAKER 2]Und dann Nummer vier. Vervollständige bitte diesen Satz für mich. Pferde sind für mich.
[SPEAKER 1]Pferde sind für mich großartige Tiere, von denen ich viel, viel lernen kann.
[SPEAKER 2]Und das, lieber Stefan, ist ein großartiges Schlusswort. Vielen Dank, dass du zu Gast warst bei uns im Podcast. Ja, und viele Grüße nach Rheinland-Pfalz.
[SPEAKER 1]Gerne, Christian. Auch schöne Grüße an deine Mannschaft.
[SPEAKER 2]Danke, tschüss.
[SPEAKER 1]Mach’s gut, ciao.
[SPEAKER 2]Das war die aktuelle Folge des wehorse Podcasts. Falls euch unser Podcast gefällt, lasst gerne eine Bewertung da. Ihr findet den wehorse-Podcast auf allen gängigen Podcast-Apps, zum Beispiel bei Spotify, Google Play oder iPhone Podcast. Bis bald bei der nächsten Folge.