#93 Hörbuch-Spezial Teil 3: Kurt Albrecht - “Dressurlehre für Turnierrichter und Reiter”
“Dressurlehre für Turnierrichter und Reiter” ist ein kostbarer Leitfaden für Richter und Reiter. Kurt Albrecht ehemaliger Leiter der spanischen Hofreitschule und einer der großen Meister der Reitkunst erklärt alle zentralen Begriffe der Dressurreiterei.
Im dritten Teil des Hörbuchs widmet sich der Reitmeister den Lektionen der letzten und schwersten Ausbildungsstufe. Abschließend beleuchtet er die Notengebung und die Abfassung von Protokollen.
Meisterhaft, in knappen klaren Worten formuliert, ist dieses Werk wirklich unverzichtbar für alle Aktiven rund um das Dressurviereck.
Podcast Transkript
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[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zum dritten Teil des Hörbuch-Podcast-Spezials. Mein Name ist Christian Kröber und hier und jetzt kommt der dritte Teil von Dressurlehre für Reiter und Turnierrichter von Kurt Albrecht. Eingesprochen von Hans-Heinrich Isenbarth. Viel Spaß!
[SPEAKER 1]Die Gruppe 4 umschließt all jene Aufgaben oder Schulen, wie sie eben seinerzeit nur vom Schulpferd verlangt wurden. Galopp, Pirouetten, Piaffe und Passage. Es wurde bereits bei der Auswahl eines solchen Pferdes und natürlich dann bei der gesamten Ausbildung stets auf die Vielfalt der Eigenschaften bedacht genommen, die vorhanden sein sollten, soll dieses Ziel auch wirklich erreicht werden können. Die gebäudemäßigen Voraussetzungen wurden bereits erwähnt. Sie spielen wohl die größte, aber nicht die einzige große Rolle. Auch die Intelligenz des Pferdes ist von nicht geringerer Bedeutung, ebenso sein Charakter und sein Wille zur Mitarbeit. Und dann bildet die andere große Gruppe die Fähigkeiten und das Können des Reiters. Auch der Reiter benötigt für diese Höhen eine beachtliche Portion Intelligenz, außerdem Reife und viel, viel Einfühlungsvermögen in die Pferdepsyche. Gerade Letzteres wird sehr wesentlich darüber bestimmen, ob er der gemeinsamen Arbeit das künstlerische Fluidum einzuhauchen vermag oder nicht. Der früher für Pferde dieser Ausbildungsstufe verwendete Begriff Schulpferd war nicht auf deren Verwendung in Schulen oder Akademien zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Fähigkeit dieser Pferde, sich in den sogenannten Schulgängen zu bewegen, eine Schulstellung einnehmen zu können oder für das Durchlassen von Schulparaden vorbereitet zu sein. Viele Richter und noch mehr Reiter wissen mit diesen Begriffen heute nichts Rechtes mehr anzufangen, weil sie auch nicht mehr im Vokabular der FAI vorkommen. Aber da es sich hier keineswegs um antiquierte Wertbegriffe handelt, sondern damit eine bestimmte Ausbildungsstufe im Allgemeinen und in den einzelnen Gangarten im Besonderen angedeutet wurde, scheint mir ein gewisses Wissen um die Kriterien dieser Begriffe für den Richter doch wertvoll zu sein. Vor allem wäre dies deshalb schon besonders wichtig, weil sowohl für das Pferd als auch für den Reiter für die beiden unterschiedlichen Ausbildungsstufen auch unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden sollten. Ein Reiter, der zum Beispiel von einem, den MS-Dressuranforderungen ohne weiteres gerecht werdenden, Pferd nur aufgrund dieses bisherigen guten Abschneidens bei solchen Prüfungen nunmehr die Aufgabe der höchsten Dressurstufe verlangt. ohne dass er die Voraussetzungen dafür wie höchste Durchlässigkeit, absolute Selbsthaltung bei entsprechender Kraft und Biegefähigkeit der Hinterhandsgelenke kennt, sollte der eigentliche Schlechtbeurteilte sein und nicht das Pferd, das hier vielleicht überfordert wird oder einfach aus Unwissen nicht genügend oder unrichtig vorbereitet wurde. Leider sieht der Notenbogen immer nur Noten für das vom Pferd Gezeigte vor. Nicht selten wird dadurch ein edles, vielleicht sogar hoch veranlagtes Tier zu Unrecht abqualifiziert, weil dem Reiter die Fähigkeiten fehlen, die Anlagen des Pferdes zu nutzen. Hier sollen, zu Vergleichszwecken und damit zur besseren Verständlichmachung, Gänge und Paraden der beiden Ausbildungsstufen einander gegenübergestellt werden. Kampanjpferd, Dressurausbildung bis Stufe 3, gegenüber Schulpferd, Dressur ab Stufe 4, einschließlich Piaffe, Passage und Pirouetten. Aufstellung nach Parade. Das Kampanjpferd. tritt das Pferd in der Parade mit den Hinterbeinen entsprechend unter den Schwerpunkt, wird man ihm sogleich nach dem Stehenbleiben ein minimales Vortreten mit den Vorderbeinen gestatten müssen, weil es ihm unmöglich ist, in dieser Stellung mit stark gebogenen Hinterhandsgelenken auch nur mehrere Augenblicke zu verweilen. Das Vorlassen ist deswegen wichtig, weil sonst das Pferd gezwungen ist, mit den Hinterbeinen nach rückwärts auszuweichen. Ein schwererer Fehler als umgekehrt. Und nun das Schulpferd. Diesem Pferd ist es aufgrund seiner bisherigen Ausbildung möglich, das Durchlassen der ganzen Parade und zum Stillstand kommen, mit den stark untergetretenen Hinterbeinen, ohne mit diesen ausweichen zu wollen, in dieser Stellung einige Augenblicke zu verharren und dazu noch eine vermehrt wirkende Zügelhand zu akzeptieren. Antritt der Fortbewegung. Das Kampagnepferd. Durch die nach der Parade eingenommene Gleichgewichtsaufstellung ist es der Reiterschenkel, der durch entsprechende Impulse wieder den Antritt der Hinterbeine bewirkt. Übergang vom Halten zum Schritt, Normalschritt, Versammelten oder Mittelschritt. Das Schulpferd. Beim Schulpferd wird durch noch stärkere Einwirkung der Stange durch ununterbrochene Anzüge die Schulstellung in eine Fortbewegung umgewandelt. Dies erfolgt dadurch, dass die Vorhand auf die zu Sprungfedern umgewandelten Hinterhandgelenke fällt, der Schulschritt. Übergang in den Trab Das Kampagnpferd Eine Verstärkung der Schenkel- und Sitzhilfen, Aufrichten des Oberkörpers und damit verstärktes Anstellen der Hüftknochen und etwas vermehrter Kreuzwirkung. Bei gleichzeitigem richtigen Abstimmen des nicht völlig gleichzeitig gleichzeitig wirkenden Schenkels. Nicht Absatzes oder Sporns. Mit der Reiterhand bewirkt das Antraben. Arbeits- oder Versammelter- oder Mitteltrab. Das Schulpferd. Treffen beim Schulpferd diese ununterbrochenen Anzüge stärker und beschleunigter und gleichzeitig im richtigen Rhythmus das Hinterbein beim Vor- und Niedertreten, so entsteht eine schwingende Vorwärtsbewegung, nämlich der Schultrapp, der sich entsprechend des Taktes beim Herauslassen der einzelnen Tritte in die Passage umwandeln lässt. Wird dagegen die Schubkraft völlig ausgeschaltet, so erreicht man die Piaffe. Übergang zum Galopp. Das Kampagnenpferd benötigt für den Übergang in den Galopp das Zusammenwirken von Schenkel und Zügel, wobei sich der Einwirkungsgrad sehr weitgehend nach der bereits erreichten Durchlässigkeit und Abstimmung auf die Reiterhilfen richtet. Arbeits-, Versammelter- und Mittelgalopp. Das Schulpferd Werden dagegen beim Schulpferd die Zügelanzüge in verstärktem Maß gegen ein, das äußere Hinterbein gerichtet, wird das Pferd zu einer springenden Fortbewegung dem Schulgalopp bewogen. Es bildet gleichzeitig die Voraussetzung für die Galopp-Pirouette. Dann der Übergang von der Fortbewegung zum Stillstand. Auch ein Kampagnepferd kann nur nach entsprechender Vorbereitung richtig pariert werden. Die Einleitung der Parade erfolgt durch den vermehrt wirkenden Schenkel, wodurch das Pferd zum vermehrten Untertreten bzw. Unterspringen veranlasst wird. Der einen verlängerten Augenblick verhaltend auf das annehmende Hinterbein wirkende Zügel beendet so dann die Fortbewegung. Das Schulpferd. Der Übergang von der Fortbewegung zur Ruhe, beim Schulpferd Schulparade genannt, soll durch Vorwirken der Hand hervorgebracht werden können. Dies bedingt ein vollständiges Untertreten der Hinterbeine bis zum Schwerpunkt des Pferdes bei gleichzeitig verstärkter Hankenbiegung. In diesem Zusammenhang soll auch zwischen Fortbewegung und Bewegung unterschieden werden. Ersterer Begriff bezieht sich auf die Aktion der Hinterbeine letzterer auf alle Teile des Körpers. Aus dieser Gegenüberstellung wird unschwer entnommen werden können, dass der Unterschied zwischen Pferden der beiden verschiedenen Ausbildungsstufen in erster Linie in einer dementsprechenden Vorbereitung liegt. Nachdem eine Vorbereitung von mehreren Faktoren abhängig ist, wie zum Beispiel Gebäude, Winkelung der Gelenke, Intelligenz, Charakter und Temperament, Können des Reiters, um nur die wichtigsten zu nennen, muss also eine Beurteilung, ob diese höhere Stufe überhaupt erreicht werden kann, zunächst vom Reiter erfolgen. Es sollte aber auch zur selbstverständlichen Pflicht eines Richters gehören, hier beim Erkennen von offensichtlichen Diskrepanzen zwischen Zielen und Voraussetzungen mit seiner eigenen Meinung nicht hinter den Berg zu halten. Obwohl nicht in allen S-Aufgaben die Lektionen, Piaffe, Passage und Galoppwechsel von Sprung zu Sprung enthalten sind, sollte trotzdem ein Pferd erst dann als S-Pferd bezeichnet werden, wenn es bis zu diesem Leistungsgrad vorgestoßen ist. weil jedoch gerade die damit verbundenen Anforderungen vielen Reitern und Pferden besondere Schwierigkeiten bereiten und somit der angehende Dressurrichter selten Gelegenheit haben wird, solche Lektionen in jener Vollendung zu sehen, dass sie ihm als Vergleichsmaßstab dienen könnten, soll etwas näher auf Voraussetzungen und richtige Ausführungen eingegangen werden. Man sollte aber eine ganz wesentliche allgemeine Betrachtung voranstellen. Auch die Ausführung sogenannter schwerer Lektionen fällt keinem Pferd wirklich schwer, wenn die Voraussetzungen beim Pferd und Reiter gegeben sind. Immer wenn es Schwierigkeiten gibt, fehlt irgendein Teil dieser Voraussetzungen. Die Piaffe. nimmt man zunächst einmal die im österreichischen Aufgabenheft für Dressurprüfungen enthaltene Definition näher in Augenschein. So muss sofort die darin enthaltene wichtige Forderung auffallen. Die Piaffe ist eine Bewegung, in welcher das Pferd im Takt und in der Fußfolge der Passage auf der Stelle tritt, wobei es mit gut gebeugten Hanken deutlich auf die Nachhand gesetzt ist, die den größten Teil der Gesamtlast trägt. Daraus kann klar und unmissverständlich entnommen werden, dass ein Pferd, das nicht genügend weit unter den Schwerpunkt zu treten vermag, um diesen größten Teil der Gesamtlast aufnehmen zu können, für die Piaffe noch nicht genügend vorbereitet ist. Der Grund kann nun ganz verschiedener Art sein. Zum einen ein echter Gebäudemangel. Er wird auch durch Gymnastizierung nie ganz zu beheben sein. wie zum Beispiel schwache oder schlecht gewinkelte Hinterhand, überbaut, zu langer und schwacher Rücken. Zum anderen die fehlende notwendige Gymnastizierung zur Erreichung der Fähigkeit, sich in den Hanken biegen zu können. Zum wiederum anderen mangelndes reiterliches Können, Das beginnt damit, dass ein Reiter Beizäumung und Versammlung verwechselt und endet schließlich damit, dass er bei den immer schwerer werdenden Anforderungen mehr auf seine Einwirkung mit Schenkelsporn und Gerte statt auf die systematisch erzielte Bereitschaft des Pferdes stützt. Und nochmals zum anderen, dass der Reiter die Kriterien der Piaffe überhaupt nicht kennt. Auch der Passus, dass das Pferd dabei auf der Stelle zu treten hat, ist ein sehr wichtiger. Soll der größere Teil der Gesamtlast von Pferd und Reiter von einem diagonalen Beinpaar und hierzu ungefähr gut zwei Dritteln vom fußenden Hinterbein ausbalanciert werden können, so muss wohl in erster Linie die Tragkraft der Hinterhand in Aktion treten. Die Schubkraft dagegen wird weniger nach vorwärts als nach aufwärts wirken. Jedes Abfußen des einen Hinterbeines bedingt ein, wenn auch nur ganz kurzes, vermehrtes Zusammendrücken der Hanggelenke des anderen Hinterbeins, wodurch sich das Pferd auf dem neuen, stützenden Beinpaar auszubalancieren vermag. Würde Trag- und Schubkraft zu gleichen Teilen wirken und die Schubkraft außerdem noch nach vorwärts, würde es dem Pferd nicht mehr im gleichen Maße möglich sein, sich mit gut gebeugten Hanken deutlich auf die Nachhand zu setzen. Diese Kriterien finden wir dagegen bei der Passage. Außer den mangelnden Voraussetzungen, die es einem Viertel möglich oder noch nicht möglich machen, zu piaffieren, gibt es auch noch Fehler, die sich aus einmal einer falschen Vorbereitung oder zum anderen einer zu früh damit begonnenen entwickeln können und die, wenn überhaupt, nur noch ganz besonders schwer wieder zu korrigieren sind. Zur falschen Vorbereitung zählt zunächst einmal eine Handarbeit, auf die für das Pferd noch geltenden Gleichgewichtsverhältnisse keine Rücksicht nimmt. Das heißt, wer nicht zu erkennen vermag, wie das Gewicht in der Bewegung hauptsächlich abgestützt wird, Ob es also noch vermehrt auf der Vorderhand geht, sich im Gleichgewicht bewegt oder bereits vermehrtes Gewicht mit den Hinterbeinen zu tragen vermag, wird aller Voraussicht nach durch Touchierhilfe das Pferd zu Abhilfen verleiten, die zu folgenden Fehlern führen. Zum einen, statt mit den Hinterbeinen in Richtung Schwerpunkt zu treten, weicht es nach oben aus. Je fester die Vorderbeine am Boden bleiben, desto leichter wird die Nachhand, desto höher kann die Kruppe geworfen werden. Die Sprunggelenke arbeiten nicht nach vorwärts, sondern ungebogen nach aufwärts. Zum anderen, das Pferd weicht mit dem stützenden Hinterfuße vom Wege nach vorwärts ab und setzt ihn seitwärts auf. Auch dieses seitliche Ausweichen bedeutet wie das Ausweichen nach oben für das Pferd eine Erleichterung bei der Ausführung. Wenn es sich das gemerkt hat, wird es auch dann, wenn es die Kräfte für die korrekte Durchführung besäße, nicht mehr davon lassen. Es entsteht dadurch eine schwimmende oder eine schaukelnde Bewegung. Ein zu früher Beginn der Ausbildung in der Piaffe kann die gleichen Fehler bedingen. Weil die Hinterhandmuskeln noch nicht den Gelenken die notwendige Unterstützung zu geben vermögen, würde dem Pferd eine entsprechende Hankenbiegung, das Zusammendrücken der Gelenke, echt schmerzhaft sein. Es hilft sich durch ein oft recht energisches und fleißiges Abfußen. Weil jedoch die Gelenke dabei zu wenig gebogen werden, wird von dieser Bewegung die gesamte Hinterhand miterfasst. Es entsteht ein Hochwerfen der Gruppe, das so manche Reiter und leider auch Richter recht zufrieden stellt. Dieser eine gravierende Fehler bedingt jedoch gleichzeitig einen anderen. Die unmotivierte Auf- und Abbewegung der Hinterhand wirft anstatt umgekehrt zusätzliches Gewicht der Vorhand zu und veranlasst die Vorderbeine zu einem staccato-artigen Heben, dem die Eleganz des korrekten Abfederns völlig fehlt. Hierin liegt aber eine große Gefahr für die gesamte weitere Ausbildung, weil deren Ziel, das ursprünglich die Vorhand mehr belastende junge oder unausgebildete Pferd immer mehr in der Richtung umzuformen, dass schließlich die Hinterhand zur mehr Tragenden wird, dadurch gefährdet ist. Wird dies nämlich versäumt oder sogar noch unterbunden, Dann werden dem Pferd alle Voraussetzungen für eine höhere Dressurausbildung genommen. Es wird weder in der Passage die Vorderbeine in genügendem Maße vom Boden wegbringen, es wird das abfedernde Moment fehlen, noch wird es in der Pirouette in guter Selbsthaltung zu bleiben vermögen. Dann die Passage. Diese Bewegungsart kann man sehr häufig bei jungen, rohen Pferden, besonders bei Hengsten, weniger oft bei Stuten und Wallachenseen, und sie entspringt dann meist einem Imponiergehabe oder einem von anderen Gründen herrührenden Aufregungszustand. Dies könnte manchen Reiter zu der Annahme verleiten, man dürfe in der Ausbildung sehr bald mit dieser Arbeit beginnen, weil dazu scheinbar keine außergewöhnliche körperliche Vorbereitung des Pferdes notwendig wäre. Diese Annahme ist aber falsch. In der Naturpassage, wie man diese Bewegung junger Pferde vielleicht nennen könnte, bewirkt der Aufregungszustand jene Anspannung, die man sonst durch Versammlung erreichen muss, wobei aber nur der Schwebemoment zum Tragen kommt und die Gelenke sich keineswegs ins gewünschte Maße biegen. Würde bei derart ungebogenen Gelenken noch das Reitergewicht dazukommen, würde die Bewegung sehr schnell matter, und der Schwebemoment kürzer werden. Damit ist eigentlich schon gesagt, dass die nötige Kraft und die entsprechende Biegefähigkeit der Hinterhandsgelenke die Voraussetzungen bilden, die dem Reiter den Beginn mit dieser Arbeit andeuten sollen. Der zu frühe Beginn kann aber auch psychische Nachteile haben.
Weil mit dieser Tätigkeit ein Unbehagen, wenn nicht gar Schmerzen verbunden sind, wird das Pferd in einem unerwünschten Aufregungszustand geraten, was zumindest einen unsauberen Beginn bedingt. Oder es wird nur widerwillig seiner Aufgabe nachkommen. Und solche Eindrücke können dann sehr lange vorhalten. Hat ein Pferd die nötige Kraft und versteht es der Reiter, seine Wünsche dem Pferd dementsprechend verständlich zu machen, wird ein Großteil der dafür vorgesehenen Pferde die Passage erlernen können. Wie nah es dabei den Vorstellungen einer Vollendung kommt, hängt wieder vom gesonderten Faktoren ab. Auch hier spielen die geistigen und vor allem die körperlichen Anlagen eine sehr wesentliche Rolle. Die Definition der Passage im österreichischen Dressuraufgabenheft spricht von einer Trabbewegung in höchster Versammlung mit sehr erhabenen, gerundeten und wenig raumgreifenden Tritten. Bisher müsste also eigentlich ein gutes Gleichgewichtsschwert genügen. Soll es aber den weiteren Forderungen gerecht werden, Nämlich die in der Fußfolge des Trabes energisch vom Boden abfedernden Beinpaare halten in der Bewegung länger aus, wobei der Vorarm bis zur Waagerechten gehoben werden sollte. Dann bedarf es einer darüber hinausgehenden Gymnastizierung und Vorbereitung. Einem Pferd wird das längere Aushalten des in der Luft befindlichen Beinpaares nur dann möglich sein. wenn es sein gesamtes Körpergewicht, einschließlich des Reitergewichts, auf dem stützenden Beinpaar entsprechend ausbalancieren kann. Dazu muss das dafür besonders benötigte Hinterbein ebenfalls etwas näher dem Schwerpunkt gebracht werden können. Das kann es aber wiederum nur, wenn es sich in den Hanken zu biegen vermag. Im Gegensatz zur Piaffe darf aber bei der Passage nicht ausschließlich die Tragkraft zum Einsatz kommen, sondern es müssen sich Schub und Tragkraft ungefähr die Waage halten. In der Passage darf sich das Pferd also nicht auf die Nachhand setzen, sondern darf mit dieser nur so viel an Gewicht aufnehmen, dass die Schubkraft imstande ist, dieses Gewicht im nächsten Augenblick wieder nach vorne zu befördern. Die Tragkraft bewirkt also die ausgeprägte Schwebe und eine korrekte Balance, ohne dass die Beine seitlich treten oder kreuzen, die Schubkraft die kraftvolle Vorwärtsbewegung. Somit lernen Pferde, denen eine Hankenbiegung vom Gebäude her schon sehr früh leicht gemacht wird, die Passage schwerer als sogenannte Gleichgewichtspferde, weil bei jenen die Schubkraft meist nicht ausreicht, das auf der Nachhand ruhende Gewicht wieder weiter zu befördern. Es ist daher auch nicht immer sinnvoll, dem Pferd aus der Piaffe heraus die Passage lehren zu wollen. Dies verlangt nämlich höchste Verlendung eines Pferdes und sollte daher nicht an den Anfang gestellt werden. Das Verlangen, ein Gewicht mit ungenügenden Kräften nach vorwärts drücken zu müssen, erzeugt beim Pferd Aufregung. Diese wiederum lässt es aus dem Takt kommen oder sonst aus dem Häuschen geraten. Ebenso sollte nicht sogleich eine ausgeprägte Schwebe verlangt werden, weil das verlängerte Ausbalancieren dem Pferd anfangs schwerfällt. Nichtbeachtung der genannten Voraussetzungen kann daher zu sehr wesentlichen Fehlern oder Mängeln führen, die der Richter beurteilen und einordnen können sollte. Zum einen, zu wenig gymnastizierte Hinterhandgelenke tragen nicht, sondern schieben nur. Es kommt zu einem ungenügenden Untertreten und es fehlt das energische Abfußen. Zum anderen, zu wenig entwickelte Tragkraft lässt das Pferd mit den Hinterbeinen zur Seite treten. Sie kann das Pferd aber auch dazu veranlassen, mit den von der geraden Vorwärtsbewegung abweichenden Vorderbeinen das Ausbalancieren unterstützen zu wollen, das Kreuzen der Vorderbeine. Oder zum dritten, eine insgesamt matte Bewegung mit zu geringem Anheben des Vorarms, einem kaum sichtbaren Anheben und einem ungenügenden Vorbringen des Hinterfußes und keiner erkennbare Schwebe. Grund? Meist zu mangelhafte Vorbereitung des Pferdes und oder zu früher Beginn der Ausbildung. Zu einer noch eingehenderen Untermauerung der Theorie soll ein möglichst anschaulich demonstrierter Bewegungsablauf bei Piaffe und Passage dieses Kapitel abschließen. Das körperlich gut vorbereitete Pferd, das auch bereits über die nötige Kraft für das Zusammendrücken und das Aufmachen der Hinterhandsgelenke verfügt, wird bereits im normal versammelten Zustand so weit mit den Hinterfüßen in Richtung Schwerpunkt treten, dass ihm ein Übergang zur Piaffe ohne besondere Aufregung möglich ist. In der Piaffe selbst tritt das Pferd nicht noch weiter unter, sondern schiebt vielmehr seinen gesamten Rumpf bei aufgewölbtem Rücken und stark zusammengedrückten Hankengelenken über die Sprunggelenke hinweg nach rückwärts. Damit wird automatisch der Bewegungsraum dieser Gelenke eingeschränkt. und sie können gar nicht nach oben arbeiten, soll nicht die ganze Hinterhand von dieser falschen Auf- und Abbewegung ergriffen werden, weil der darüber befindliche Rumpf nur die Bewegung nach vorn zulässt. Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Gelenke arbeiten und nicht steif bleiben, sollte die Tatsache sein, dass Rücken und Kruppe ruhig bleiben. Die Bewegung darf erst vom Hüftgelenk an abwärts einsetzen. Vermag sich ein Pferd in der Piaffe besonders tief zu setzen, schiebt es also seinen Rumpf besonders kräftig über die Sprunggelenke. Wird ihm der Übergang zur Passage nur möglich sein, wenn es vorher seine Hankengelenke etwas aufmacht und den Rumpf wieder in Richtung Vorhand schiebt. Dadurch wird das Gewicht auf Vor- und Nachhand gleichmäßig verteilt. Je weiter nun das Pferd durch eine entsprechende Gymnastizierung mit den Hinterbeinen unterzutreten vermag, desto länger ist der Weg, den der Rumpf über das fußende Hinterbein zurückzulegen hat, desto länger wirkt auch die Tragkraft und desto länger wird der Schwebemoment für das in der Luft befindliche Beinpaar. Die Schubkraft setzt mit dem Aufmachen der Hinterhandgelenke, wozu hier auch das Sprunggelenk kommt, ein. Wird daher bei einem noch in Ausbildung stehenden Pferd die Passage aus der Piaffe entwickelt. wird es immer unreine Übergänge geben oder die Korrektheit der Piaffe leidet dabei. Wie gesagt, bedarf es beim Pferd einer großen Kraftleistung, diesen über die Sprunggelenke geschobenen Rumpf ohne Übergang in eine Vorwärtsbewegung zu bringen. Diese Leistung wird nur von ganz wenigen Pferden korrekt zu vollbringen sein. Die Galopp-Pirouette. Weil auch die Pirouette viel Kraft verlangt, sollte bei der Ausbildung mit der nötigen Rücksicht und Vorsicht vorgegangen werden. Rücksicht auf die bereits vorhandene oder noch nicht vorhandene Kraft in den Hinterhandsgelenken. Vorsicht deswegen, weil sich das Pferd Praktiken, die ihm die Arbeit und Ausführung erleichtern, sehr schnell und für lange Zeit zu merken vermag. Die Entwicklung der Pirouette erfolgt aus dem Schulgalopp, der, wenn dies auch für das Auge kaum sichtbar wird, ein Vierschlaggalopp ist. Das innere Hinterbein wird dabei also um einen Bruchteil früher aufgesetzt als das äußere Vorderbein. Im Gegensatz zum absolut falschen, kratzenden Vierschlaggalopp, bei dem das hinten draußen bleibende innere Hinterbein zu spät kommt. Je reiner der Dreischlaggalopp für das Auge erhalten bleibt, desto korrekter wird die Ausführung der Pirouette sein. Je mehr er verloren geht, dies kann bis zum gleichzeitigen Auf- und Abfußen beider Hinterbeine reichen, desto größere Mängel weist sie auf. Weitere Kriterien der Pirouette müssen sein. Das Pferd muss mit dem inneren Hinterfuß einen möglichst kleinen Kreis beschreiben. Obwohl natürlich auch in der Pirouette der äußere Hinterfuß, der für die Erhaltung der Galoppbewegung wichtigere ist, wird das Maß des Kreises nach dem Weg des inneren Hinterfußes gemessen. Die Beschreibung eines etwas größeren Kreises zu Beginn der Ausbildung kann absolut zweckmäßig sein. Es muss dabei allerdings auch der größere Kreis, den die Vorhand zu beschreiben hat, berücksichtigt werden. Die Vorhand muss sich in jedem Sprung leicht und elegant vom Boden abheben. Ein auf der Vorhand gehendes Pferd kann dieser Forderung nicht gerecht werden. Es wird die belastete Vorhand um die Hinterhand herumwerfen. Ein Bild, das sehr häufig zu sehen ist. Auch steife Hinterhandsgelenke bewirken, dass der von der Vorhand zurückzulegende Weg so groß wird, dass das Pferd mit dem aus der Hinterhand entwickelten Schwung nicht auskommt und gezwungen ist, das äußere Vorderbein dazu mitzuverwenden. Die Anzahl der Sprünge bei einer ganzen Pirouette soll 6 bis 8 betragen. Bei weniger Sprüngen geht die klare Vorwärtstendenz verloren. Sie soll das Pferd befähigen, die Pirouette auf Wunsch des Reiters nach jedem Sprung zu unterbrechen und in eine Vorwärtsbewegung umzuwandeln. Die halbe Pirouette soll auf keinen Fall weniger als drei Sprünge haben. Die Sprünge müssen in sichtbarer Selbsthaltung des Pferdes erfolgen. Das heißt also, das Pferd darf weder selbst eine besondere Stütze in der Reiterhand suchen, noch darf der Reiter bei der Ausführung seiner Hand eine ungerechtfertigte Bedeutung beimessen. Das Pferd wird immer dann dieser Stütze bedürfen, wenn zu viel Gewicht auf der Vorhand ruht. Der Reiter wiederum wird sich dann vermehrt seiner Hand bedienen, wenn er nicht imstande ist, mit Sitz und Schenkel das Pferd in Selbsthaltung zu erhalten bzw. zum kräftigen Unter- und Durchspringen veranlassen zu können. In dem Gesagten sind somit die Voraussetzungen enthalten, die notwendig sind, um mit Piouetten Ausbildung bei einem Pferd zu beginnen. Zum einen gut gebogene Hinterhandgelenke. Zum anderen genügend Kraft in der Hinterhandmuskulatur, um diese Gelenke entsprechend unterstützen zu können. Zum dritten absolute Durchlässigkeit im Genick. Zum vierten ausgeprägte Selbsthaltung des Pferdes. Zum fünften, Wissen des Reiters um die Kriterien der Pirouette. Und zum sechsten, entsprechendes Können des Reiters. Die Fehler bzw. Mängel, die der Richter immer wieder zu sehen bekommt? Zum einen, das Pferd springt nicht am Teller. Das heißt, der Kreis, den der innere Hinterfuß beschreibt, ist zu groß. Zum anderen, Es springt um die Mitte. Das heißt, die Hinterhand legt einen ebenso großen Weg zurück wie die Vorhand. Zum Dritten. Es schleudert mit der Kruppe nach außen. Der Weg der Hinterhand ist größer als der der Vorhand. Zum Vierten. Beide Hinterbeine fußen gleichzeitig auf und ab. Zum Fünften. Es wird vorne zu tief und legt sich sichtbar auf den Zügel. Es wirft sich herum. Zum Sechsten. Der Reiter versucht mit seiner Hand die Vorhand des Pferdes um dessen Hinterhand herumzuheben. Zum siebten, der Reiter setzt zu viel sein Kreuz ein und zwingt so oftmals das Pferd zum Verlust des Taktes. Und zum achten, der korrekte Galopp-Takt geht während der Ausführung der Pirouette überhaupt verloren. Alle diese Fehler und Mängel werden und müssen in der Note ihren Niederschlag finden. Der Richter soll aber über das theoretische Wissen verfügen, das ihn dazu befähigt, bei der Ausführung erkennen zu können, auf welche Ursachen diese Fehler zurückzuführen sind. Jeder Richter muss immer dafür gewappnet sein, sein Urteil jederzeit erläutern oder vertreten zu können. Gerade in Wettbewerben, die eine so weit fortgeschrittene Dressurausbildung verlangen, benötigt der Richter jenes kompakte theoretische Wissen, das ihm ein klares und unantastbares Urteil über die praktische Ausführung gestattet. Jede erkennbare Schwäche des Richters wird sonst augenblicklich ein Gefühl des Misstrauens beim Reiter hervorrufen, das in der Regel sowohl dem einzelnen als auch dem gesamten Richterstand zum Nachteil gereicht. Der fliegende Galoppwechsel von Sprung zu Sprung. Um von vornherein jeden Irrtum auszuschließen, so wie der fliegende Galoppwechsel in seiner Einzelausführung bereits in die vorhergehende Ausbildungsstufe gehört, so bilden weder die Changements nach einer bestimmten Anzahl von Sprüngen, noch der Wechsel von Sprung zu Sprung ein besonderes Kriterium der höchsten Dressurausbildungsstufe. Weil sie aber fast ausschließlich in den für diese Stufe vorgesehenen Aufgaben verlangt werden, sollen sie hier noch einmal besonders besprochen werden. Besonders der Wechsel von Sprung zu Sprung hat erst sehr spät Aufnahme in die Aufgabensammlung der FEI gefunden. Es gab eine Zeit, wo dieser Wechsel als Galopppass bezeichnet und abgelehnt wurde. Heute ist er ein fester Bestandteil von Intermedia II und Grand Prix bzw. gleichwertiger S-Prüfungen. Die Voraussetzungen, die einem Pferd solcher Wechsel möglich machen, hängen viel weniger mit bestimmten, gebäudemäßigen Vorzügen als mit einer Durchlässigkeit und Feinabstimmung auf die reiterlichen Hilfen zusammen. Besonders beim Erlernen von Changements ist eine besonders ausgeprägte Hankenbiegefähigkeit des Pferdes eher ein Nachteil. Weil für ein noch nicht voll ausgereiftes Pferd ein gerades, in Richtung der Vorderfüße weisendes Unterspringen oft sehr anstrengend und manchmal sogar schmerzhaft ist, Hilft sich das Pferd sehr bald dadurch, dass es mit den Hinterbeinen nach der Seite ausweicht? Wird dies vom Reiter nicht beachtet und nicht sofort als eine sehr deutliche Warnung angesehen, seinen Tatendrang etwas zu reduzieren? Wird dieses seitliche Ausweichen zur weniger anstrengenden Gewohnheit des Pferdes werden? Dieses seitliche Ausweichen bedingt auch oft gleichzeitig ein Verhalten. Das heißt, das Pferd springt nicht immer genügend schwungvoll nach vorwärts und der Eindruck eines runden Galops geht damit verloren. Pferde, bei denen in der Entwicklungszeit straffere Gelenksverbindungen ein zu starkes Zusammendrücken dieser Gelenke verhindern, sind diesen Gefahren weniger ausgesetzt. Sie lassen sich von Haus aus nicht zu früh zu einem verkürzten Galopp bewegen, behalten also in dieser wichtigen Zeit den notwendigen größeren Raumgriff bei und die Hinterbeine können daher ohne allzu große Anstrengung den Vorderbeinen folgen. Die dafür benötigte Durchlässigkeit im Genick sowie das Ansprechen des Pferdes auf die richtigen Hilfen des Reiters sollten aber bereits weitgehend das Pferd auszeichnen, weil sonst die Hilfen des Reiters so intensiv gegeben werden müssen, dass damit wiederum die Gefahr von Biegungs-, Stellungs- oder Fehlern beim Gerade gerichtet sein verbunden ist. Notengebung und Abfassung von Protokollen. Da es nicht Aufgabe dieser Ratschläge sein kann, detaillierte Ausbildungsanleitungen für den Reiter zu geben, sondern nur dem Richter wichtige Anhaltspunkte für seine Beurteilungstätigkeit in die Hand gegeben werden sollen, darf dieses, dem fachlich-reiterlichen Teil einer Dressurprüfung gewidmete Kapitel, als abgeschlossen betrachtet werden. Jeder Richter, der seine Aufgabe ernst nimmt, wird sich aber über den hier gesteckten Rahmen weit hinaus mit der Materie beschäftigen, besonders dann, wenn ihm die Dressurreiterei mehr als nur eine Sparte des Reitsports bedeutet. Man übersehe nicht, dass das Niveau der Reiterei eines Landes immer wieder am qualitativen Können seiner wirklich großen Reiter gemessen wird. Ein Reiter oder eine Reiterin werden sich auf die Dauer nur dann in der Spitzengruppe halten können, wenn die gemeinsame Leistung von Pferden und Reitern trotzdem unverkennbar die führende Hand des Reiters erkennen lässt. Ganz ohne Zweifel formt aber jedes einzelne Richterurteil beim Aufbau einer Reiterpersönlichkeit mit. In den bisherigen drei Kapiteln wurden nur zwei von den drei wichtigsten Faktoren, die die Güte eines Richterspruchs bestimmen, behandelt, nämlich die Integrität der Persönlichkeit und das fachliche Können und Wissen. Als dritter Faktor wird aber die Art des Richtverfahrens und dessen Handhabung die Qualität der richterlichen Leistung mitbestimmen. Es wäre müßig, die einzelnen inzwischen versuchten Verfahren aufzuzählen und die ihnen anhaftenden Vor- und Nachteile einander gegenüberzustellen. Man darf ohne Übertreibung behaupten, dass seit Beginn der Dressurrichterei nach dem Verfahren gesucht wird, das die größte Gerechtigkeit und Objektivität verspricht, das es aber bis heute nicht gefunden werden konnte. Fast jedem von uns sind irgendwann und irgendwo einmal Beispiele untergekommen, die uns entweder still aufseufzen oder manchmal sogar laut nach Abänderung schreien ließen. Die hier quer durch die gesamte Richter- und Reiterwelt gehenden Klüfte werden im Wesentlichen von zwei markanten Polen eingegrenzt. Zum einen dem absolut getrennten Richten und zum anderen dem gemeinsamen Richten bzw. einem Richten, das eine anschließende Absprache vorsieht. Zu ersteren ist auch das offene Richten zu zählen. Es steht außer Zweifel, dass beide Verfahren sowohl Vorteile als auch Mängel aufweisen. Was dabei überwiegt, wird jeweils vom Standpunkt des Betrachters, der wiederum sehr von guten oder bösen Erfahrungen beeinflusst sein wird, abhängen. Der Überzeugungskraft selbst bester Argumente waren dabei immer enge Grenzen gesetzt und es wäre daher nutzlos, an dieser Stelle für eine der beiden Ansichten auf die Barrikaden steigen zu wollen. Es sollen damit auch nur einige ganz allgemeine Überlegungen angestellt werden. Aus ganz natürlichen Gründen sehen viele in einem getrennten Richten das sauberere Verfahren, weil jeder Richter unbeeinflusst von den anderen Mitgliedern des Kollegiums sein Urteil abzugeben hat. kann bei den Kollegiumsmitgliedern eine weitgehend einheitliche Auffassung und entsprechende allgemeine Richterqualität angenommen werden, müsste diesem Verfahren instinktiv der Vorrang eingeräumt werden. Divergenzen im natürlichen Rahmen können dabei dann auch gern in Kauf genommen werden. Für jeden Reiter aber müssen gravierende Unterschiede von fachlichen Ansichten, die oft noch mit Nachteilen aus unterschiedlichen Richterqualitäten zusammenfallen, berechtigte Zweifel mit sich bringen, die ihn manchmal sogar an der Richtigkeit seiner Arbeit irre werden lassen. In solchen Fällen hat die aus den fünf Noten gebildete Gesamtnote nur eine scheinbar ausgleichende Wirkung, weil die von der Einzelnote abhängige Platzziffer einen sehr erheblichen Einfluss auf das Abschneiden hat. Beim Dreierkollegium gibt es kaum einen Ausgleich. Wie gesagt, kann das Auseinanderklaffen der Auffassungen verschiedene Ursachen haben. In der Regel aber werden die fachlichen Standorte der Kollegiumsmitglieder, besonders wenn sie verschiedenen Nationen angehören und so eine oft sehr verschiedene reiterliche Tradition mitbringen, den Hauptgrund darstellen. Aber gar nicht so selten gibt es auch recht gravierende Unterschiede im nationalen Richterlager. In solchen Fällen wäre es ohne Zweifel zum Vorteil des Reiters. Würden diese unterschiedlichen Ansichten und Urteile protokollarisch festgehalten werden, geschieht dies aber nicht unmittelbar. Nach der einzelnen Prüfung geht ein sehr wesentlicher Teil des unmittelbaren Eindrucks verloren. Diese immer wieder angeprangerte Absprache sollte daher nicht unbedingt verurteilt und deshalb ausgeschlossen sein. Sie könnte immer dann unterbleiben, wenn der Chefrichter eine weitgehende Übereinstimmung der fachlichen Ansichten feststellt, Sie sollte aber erfolgen, wo dies nicht der Fall ist. Und dann sollten die Unterschiede, wie gesagt, protokollarisch festgehalten werden. Dies wäre auch zum Schutze des einzelnen wirklich qualifizierten Richters und natürlich in erster Linie zum Schutz des Reiters, der aufgrund der protokollarischen Bemerkungen die Sachkundigen von den weniger sachkundigen Auslegungen auseinanderzuhalten vermag. Würde also ein Richter, der hier öfter sichtbar daneben tappt, jedes Mal dazu Rede und Antwort stehen müssen, würde er sich entweder der Materie Eingehender widmen, oder er würde sich vielleicht langsam von selbst aus solchen Gremien zurückziehen. Oder seine Unfähigkeit würde sich schneller herumsprechen, als es sonst in der Regel geschieht. Es hat in der Reiterei zu allen Zeiten verschiedene Ansichten und Auffassungen gegeben, ohne dass man deswegen, außer in den Fällen ernster Abweichungen, dem Anhänger oder Verfechter dieser oder jener Richtung daraus Vorwürfe gemacht hätte. Somit können auch dem Richter, wenn er seinen Standpunkt ehrlich vertritt, daraus keine Schlinge geknüpft werden. Angeprangert gehören daher auch nur die, welche ein Pseudowissen zu teuer verkaufen und sich dabei auch des Schutzes der verantwortlichen Gremien bedienen. Man versetze sich nur einmal in die Rolle eines Reiters, der gezwungen ist, sich aus den oftmals geradezu erschreckend unterschiedlichen Urteilen das für ihn Gültige herauszusuchen. Er muss an einer solchen Aufgabe verzweifeln. Diesem getrennten Richten steht das Gemeinsame gegenüber, das grundsätzlich in allen A- und L-Wettbewerben angewendet werden sollte, aber auch in M-Bewerben noch keineswegs fehl am Platze ist. Die Ansicht, dass durch getrenntes Richten die Wertigkeit eines Bewerbers gehoben wird, ist vielfach vorhanden, besonders unter Reitern und Veranstaltern, ist aber keineswegs stichhaltig. Schon allein die bei diesem Richtverfahren vorgeschriebene Abfassung eines Protokolls sollte für jedermann den größeren Wert dieses Verfahrens erkennen lassen. Dazu aber kommt noch die sehr gravierende Möglichkeit einer sofortigen Aussprache über das Gesehene. Man spricht in diesem Zusammenhang sehr häufig vom Diktat des Älteren über den Jüngeren, wobei mit dieser Bezeichnung nicht die Jahre, sondern die Erfahrung und das Ansehen als Richter gemeint sind. Handelt es sich nun in einem solchen Fall tatsächlich um zwei sehr unterschiedliche Richterpersönlichkeiten, würde es kaum den gerichteten Bewerb und den angetretenen Reitern zum Nachteil gereichen, wenn das größere Wissen und die reichere Erfahrung ihren diktatorischen Niederschlag fänden. Ist dies nicht der Fall und besteht die Jury aus zwei gleich versierten Richtern, so wird der Richtertakt den Weg zu weisen haben, der dem Gesehenen am ehesten gerecht wird. Dass dem inneren Denkvorgang entspringende Urteil, dessen Güte, wie bereits gesagt, von vielen Faktoren abhängig ist, findet beim gemeinsamen Richten seinen äußeren Ausdruck in der Note und im Protokoll. Gerade in letzterem aber spiegelt sich die gesamte Persönlichkeit des Richters wieder, sein Charakter, seine Einstellung zur Aufgabe, die angestrebte Objektivität, das fachliche Wissen und Können und schließlich Erfahrung und Routine Die Fähigkeit, ein gutes Protokoll zu diktieren, ist eine zusätzliche und sie ist keineswegs jedem gegeben, der über ein gutes theoretisches fachliches Wissen verfügt. Letzteres ist nur die Voraussetzung dafür. Ersteres muss mit nie erlahmender Konsequenz erarbeitet werden. Gerade weil in Bewerben der Klasse A und L dem Reiter in erster Linie durch ein gutes Protokoll geholfen werden soll, die Note dagegen mehr ein Hilfsmittel für die möglichst objektive Reihung bei einem heute fast immer üblichen großen Starterfeld bildet, muss der Richter neben der ständigen Erweiterung seines fachlichen Wissens seine Hauptaufgabe darin sehen. Meister in der Abfassung von Protokollen zu werden. Niemand, der die richtige Einstellung mitbringt, wird je von sich behaupten, Meister zu sein. Er wird aber stets dieses Ziel vor Augen haben. Jeder praktischen Tätigkeit bei einem Turnier hat eine gründliche theoretische Vorbereitung vorauszugehen. Dazu gehört das Vertrautmachen mit den Kriterien der zu richtenden Aufgaben und das Zurechtlegen des dafür benötigten Vokabulars. Bis auf ganz wenige alterfahrene Routiniers wird es niemandem möglich sein, das passende Repertoire stets parat zu haben. Damit ist aber die Gefahr verbunden, dass trotz richtiger Beurteilung das Gesehene nicht in das dafür passende Vokabular gekleidet wird und auf diese Weise eine falsche Protokollierung erfährt. Abgesehen davon, dass dies dem Reiter nicht zum Vorteil gereicht, wird der Gebrauch falscher oder sinnstörender Formulierungen sicher dem Ansehen des Richters schaden. Ebenso wichtig wie der richtige Gebrauch des richtigen Vokabulars ist die aus dem Wortlaut eines Protokolls zu entnehmende Einstellung des Richters zum Reiter. Gemeint ist damit, dass ein Protokoll aufbauend wirken soll, d.h. neben dem Negativen sollten auch die Positiven zum Ausdruck gebracht werden. Aus dem Text des Protokolls sollte sich für den Richter von selbst die richtige Note ergeben. Dies würde nach der vorgeschriebenen Notenskala aber bedeuten, dass jeweils mehrere Starter die gleiche notenmäßige Einstufung erhalten würden, etwas, was ganz ohne Zweifel sinnvoll wäre, aber leider weder von den Reitern noch vom Veranstalter gewünscht ist. Man verlangt vom Richter. dass er Teilnehmerfelder von 20 und mehr differenziert. Das heißt, er wird gezwungen, Leistungen, die sich kaum voneinander unterscheiden, doch unterschiedlich zu bewerten. Er hilft sich in der Praxis durch Verwendung von Zehntelnoten. Eine solche Differenzierung, ausschließlich anhand des Protokolls durchgeführt, muss auf jeden Fall Schwächen haben und Grund zu Angriffen geben. Er wird daher gezwungen sein, die zu beurteilende Aufgabe in ähnliche, wie für das getrennte Richten übliche, Pakete zu unterteilen und anhand der dabei ermittelten Teilnoten jene Zehntelwerte zu bekommen, die ihm diese Differenzierung ermöglichen helfen. In der Praxis wird daher zweckmäßig ein Mitglied des Richterkollegiums das Protokoll diktieren und ein anderes anhand des Protokolls die Teilpakete benoten. Diese Aufteilung der Aufgaben, die durch ein gemeinsames Richten beurteilt werden sollen, in so viele Teile, als die Aufgabe im Heft Zeilen aufweist, ist jedoch nicht zweckmäßig. Man sollte sich auf Kriterien der jeweiligen Ausbildungsstufe beschränken, weil sonst die Gefahr, zum reinen Fehlerseher zu werden, ins Riesengroße anwächst. Dazu kommt, dass die Beurteilung einer Unzahl von Detailaufgaben den Gesamtausdruck weitgehend verwischt und außerdem die Zeit für eine echte Beurteilung und Begründung des Urteils noch kürzer wird. Es muss nochmals betont werden, dass einem Reiter einer unteren Ausbildungsstufe kaum mit der Feststellung geholfen ist, dass er beim Rückwärtstreten um einen Schritt zu wenig gemacht oder das Halt nicht genau beim vorgeschriebenen Punkt ausgeführt hat. sondern, um vieles wichtiger, wäre für ihn zu erfahren, welche Schlüsse der Richter aus dem ausschließlich unter Verwendung der Hand durchgeführten Paraden oder aus dem Verlust des Taktes in der Verstärkung oder aus unharmonischen Übergängen oder Widerständen gezogen hat. Nur aus solchen Schlüssen lassen sich die für den Reiter interessanten Feststellungen treffen und möglicherweise gewünschten Ratschläge geben. Will man Ausbildungsmängel und Mängel der Ausführung im Protokoll unterbringen, erreicht dieses nicht selten einen unerwünscht großen Umfang. Man wird daher sehr oft zu jener Teilung greifen müssen, dass das Protokoll dem Ausbildungsmängeln vorbehalten bleibt, die Ausführungsfehler aber ihren Niederschlag in den Detailnoten finden, die dann zusammen mit den Noten für den Gesamtausdruck die Endnote ergeben. Es wäre wahrscheinlich für viele jüngere Richter irritierend, wenn hier ein Musterprotokoll wiedergegeben werden würde, weil auf diese Weise der Eindruck erweckt werden könnte, man käme mit einer einzigen Schablone aus. Schon eine solche Einstellung, aber noch viel mehr eine solche Praktizierung ist grundfalsch. Jeder Bewerb hat seine eigenen Kriterien und damit auch sein eigenes, darauf Bezug habendes Vokabular. Kein Verantwortungsbewusster kommt darum herum, sich mit beiden möglichst lange vorher vertraut zu machen. Nur dann wird er im Geist das jeweils Benötigte parat haben. Bei der Erarbeitung des Vokabulars erliegen oftmals jüngere, aber sehr ambitionierte Richter der Versuchung, sich abgehörter Redewendungen oder Beurteilungsausdrücke zu bedienen. Sofern man deren Bedeutung bis ins Kleinste kennt, ist dagegen nichts einzuwenden. Ist man sich dessen aber nicht sicher oder versteht man darunter überhaupt nicht das Richtige, kann dies sehr leicht zum unüberseh- oder hörbaren Ausrutscher werden, der als dunkler Fleck für lange Zeit am Ausgehrock des Richters haften bleibt. Alles, was sich ein Dressurrichter einmal in ehrlicher Kleinarbeit aus zusammengetragenem zu seinem eigenen Wissensschatz zu formen vermag, wird ihm der beste Garant für eine unantastbare Aufgabenerfüllung sein, er wird dann auch nie in Verlegenheit kommen, wenn er das abgegebene Urteil einmal erläutern muss. Um dem jungen Richter doch einige Hilfen bei der Anreicherung des Vokabulars an die Hand zu geben, soll einmal eine x-beliebige Aufgabe herangezogen und unter die Lupe genommen werden. Jede Aufgabe beginnt mit dem Einreiten und der Grußaufstellung. Es wurde daher zu einer lieben Gewohnheit, alle Protokolldiktanden mit dem Urteil über diesen Aufgabenteil zu beginnen. Hier handelt es sich zum Beispiel in 100% aller Fälle um ein Urteil, mit dem nur die mehr oder weniger gute Ausführung festgestellt wird, ohne jemals auf die Gründe einzugehen. Dies würde dem Richter schon allein zeitlich nicht möglich sein. Zudem lassen diese wenigen Trapptritte oder Galoppsprünge wirklich kein gerechtes fachliches Urteil zu. Man zieht daher für die Güte der Ausführung am zweckmäßigsten den Gehorsam des Pferdes heran und weniger die anderen Attribute wie Losgelassenheit, absolutes Geradegerichtetsein oder die Geschlossenheit der Aufstellung, weil man sowohl dem Reiter vor allem aber dem Pferd eine am Beginn des Bewerbes verständliche, gewisse Aufregung zu belegen muss. Würde man hier bereits mit einer allzu kritischen Beurteilung beginnen, kann sich diese Einstellung sehr leicht auf die ganze weitere Beurteilung negativ auswirken. Die Aufgabe des Richters sollte aber in erster Linie stets davon beeinflusst werden, jede, wenn auch noch so bescheidene Leistung anzuerkennen und ihr auch das vom Reiter erwartete und besonders dem Pferd zukommende ehrliche Wohlwollen des Richters entgegenzubringen. Wenn man dieses erste Detail also mit den Worten nach einem noch etwas gespannten und nicht ganz geraden Einreiten eine weitgehend ruhige Grußaufstellung eines gehorsamen, wenngleich noch nicht völlig auf den Reiter konzentrierten Pferdes beurteilt, dann wird man ihm wohl am besten gerecht. Nunmehr sollen in der Fortsetzung nicht jeder Schritt einzeln beurteilt werden, sondern man verschafft sich zunächst einen Überblick über Pferd und Reiter und vor allem über die zwischen den beiden herrschende Harmonie. Letzteres bestimmt die Qualität jeder Vorführung und nur an ihr sollte man die Stärken und Schwächen messen. Eine detaillierte Aufzählung aller auftretenden Fehler wird sicher weder der reiterlichen Leistung noch dem Pferd gerecht, weil auf diese Weise die Anlagen des Pferdes und deren Beachtung bei der Ausbildung weitgehend unberücksichtigt bleiben. Beschränkt man sich daher im Protokoll auf die Beurteilung der einzelnen Gangarten, auf die Übergänge und vor allem auf die Korrektheit der Einwirkung des Reiters, wird man mit Sicherheit der Vorführung am besten gerecht. Wenn es einem Reiter während der Ausbildung seines Pferdes nicht gelungen ist, es zu einem je nach Ausbildungsgrad federnd an die Reiterhand herantretenden Rückengänger zu machen, der in gut erkennbarer Selbsthaltung die korrekten Reiterhilfen in allen Phasen widerstandslos durchlässt, werden sich diese Mängel durch die gesamte Aufgabe hindurch, ob auf geraden Linien, ob auf der Tour, in Wendungen, Paraden und vorgeschriebenen Hufschlagfiguren, ununterbrochen zeigen. Man kann sich daher ruhig ersparen, diese Mängel in der Beurteilung der einzelnen Detailaufgaben immer wieder zu erwähnen. Dem Reiter ist viel mehr geholfen, wenn man ihm nur die grundlegenden Fehler im Protokoll aufzeigt. Dadurch wird nämlich verhindert, dass das Grundlegende in einem Wust von Detailliertem untergeht und der Reiter auf diese Weise im Unklaren bleibt, wo er denn den Hebel anzusetzen hat. Würde man zum Beispiel in einem Protokoll darauf hinweisen, dass dem gut veranlagten Pferd noch echte Mängel in der Durchlässigkeit, zeigt sich in Paraden und beim Rückwärtsrichten, sowie in der Tätigkeit der Hinterhand anhaften, und das letztere eine wirkliche Streckung in den Verstärkungen verhindern und das Pferd zum Eilen zwingen, mangelnde Durchlässigkeit den Reiter zu übertriebener Hilfengebung verleiten, ohne jedoch den angestrebten Zweck erreichen zu können, wäre eigentlich alles gesagt, was der Reiter wissen müsste. Vorausgesetzt, dass er überhaupt gewillt ist, aus einem Richterprotokoll zu profitieren. War sich der Richter über Ungeregeltheiten beim ersten Einreiten sowie bei der Anfangsgrußaufstellung noch nicht ganz im Klaren, weiß er die Endaufstellung wahrscheinlich bereits richtig einzureihen und zu beurteilen. Dabei auftretende Mängel sind allerdings zum Großteil auf das plötzliche Nachlassen der Energie des Reiters zurückzuführen. Sie müssten somit eigentlich diesem angelastet werden, was in der Praxis jedoch leider nie geschieht. Da in höheren Klassen, Klasse M aufwärts, in der Regel Notenbögen verwendet werden, bleibt für die Beurteilung der Einzelaufgaben nur der den Anmerkungen vorbehaltene Platz. Will der Richter diese bescheidene Möglichkeit nutzen, muss er in der Wahl der betreffenden Vokabeln der Reitersprache besonders kritisch sein. Man muss sich nämlich einmal darüber klar werden, dass all diese Vokabeln aus den mannigfachen Lehrbüchern zusammengetragen wurden. Aber genauso wie diese Lehren in manchen Belangen recht kräftig voneinander abzuweichen vermögen, kann es daher vorkommen, dass zwei verschiedene Verfasser mit ein und demselben Ausdruck ganz verschiedene Dinge sagen wollen. Ist sich jemand über die Bedeutung eines Ausdrucks nicht ganz im Klaren, zieht er am besten die heute allgemein verbindlichen Bestimmungen des von der FEI herausgegebenen Reglements Général heran. Aus den darin enthaltenen Definitionen über die einzelnen Gänge oder Hufschlagfiguren wird man mit Sicherheit die gültigen Ausdrücke herauszukristallisieren vermögen. Auf diese Weise erarbeitet man sich am besten den benötigten Wortschatz. Es spricht keineswegs für die besondere Qualität eines Richters, wenn er in den fantasievollsten Ausdrücken schwelgt, sondern ihm ist auf jeden Fall derjenige vorzuziehen, der sich zwar auf weniger Begriffsbezeichnungen beschränkt, dafür aber die richtigen verwendet und vor allem aber sie stets bei der Hand hat. Ebenso wie viele von hervorragenden Fachleuten geschriebene Lehrbücher oft deshalb nur von einem verschwindenden kleinen Leserkreis auch wirklich verstanden werden und so für ihn von Nutzen sein können, weil der Verfasser für die Formulierung seines Wissenschatzes viele, nur ihm bekannte oder geläufige Ausdrücke verwendet hat, würden auch viele Reiter die gleichen Probleme mit derartig abgefassten Protokollen haben. Daher also nochmals der Rat, sich anhand der offiziellen Definitionen das notwendige Repertoire zusammenzustellen und Verschönerungsfloskeln möglichst zu vermeiden. Dem Verfasser sei gestattet, dieser Fibel ein Nachwort besonderer Art anzuschließen. wie man den anerkannten Pferdemann nicht durch Schulung erzeugen, sondern in diesem höchstens die Lust zur richtigen Verwendung seiner Anlagen anregen kann, ihm aber letzten Endes überlassen bleibt, was er aus sich macht. Genauso wenig gelingt dies mit dem Richter. Man kann ihm eine Menge Rüstzeug mit auf den Weg geben. Man kann sogar einen brauchbaren Handwerker, sprich einen Fehlersucher heranbilden. Der echte Vollblutrichter wird sich jedoch nur aus sich selbst heraus entwickeln können. Oftmalige Übung wird zwar die Sicherheit des Routiniers erreichen lassen, sie bietet aber niemals die Gewähr dafür, dass sich auch die Qualität verbessert hat. Alles hier Gesagte sollte daher nur anregen. Es würde nicht ausreichen, um einen vollwertigen Richter abzugeben, weil jedoch die Aufgabe eine wunderschöne, wenngleich schwere ist. Könnte man sich vorstellen, dass sie für viele einen faszinierenden Anreiz bietet. Und noch eins. Dem Reiter ist mit dem rückgratlosen Richter nicht gedient. Er braucht aber andererseits sehr notwendig jemanden, aus dessen Urteil, trotz aller Stränge, ein Wohlwollen zu spüren ist. Jene größte Hilfe, die man einem Reiter jemals zu geben vermag.
[SPEAKER 2]
Wir hoffen, dass du Spaß hattest mit diesem Klassiker aus unserem Asservatenschrank. Nächste Woche gibt es natürlich wieder eine reguläre Folge des wehorse Podcasts. Bis dahin. Ciao!