#11 Wolfgang Marlie über die Beziehung von Pferd und Mensch & seine Ausbildungsweise
Mehr Miteinander – das ist Wolfgang Marlies Ziel. Im Interview mit Christian Kröber erzählt der Ausbilder, Reitlehrer und Pferdeflüsterer Wolfgang Marlie wie sich seine Sicht auf die Beziehung zwischen Mensch und Pferd über die Jahre grundlegend verändert hat. Von seiner strengen, militärisch geprägten Reitausbildung bis hin zur harmonischen Arbeit mit Pferden und Menschen auf seiner Reitanlage in Scharbeutz an der Ostsee gewährt der Pferdemann spannende Einblicke in seinen Lebensweg.
Wolfgang Marlie ist heute der festen Überzeugung, dass es keine schwierigen Pferde gibt, sondern nur Pferde in Schwierigkeiten. Er ist offen gegenüber allen Pferden und Reitern und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Beziehung zwischen Mensch und Pferd zu pflegen.
Hör Dir an, warum Wolfgang Marlie eigentlich nie Reitlehrer werden wollte, wie er auf seinem Hof mit Menschen und Pferden zusammenlebt und auf welchen zentralen Überzeugungen seine Ausbildungsmethode beruht. Ein Podcast mit vielen Denkanstößen zum Leben mit Pferden, zur Leistungsgesellschaft und zur Art und Weise, Reitunterricht zu geben. Mehr als 50 Minuten voller Weisheit.
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
<p>[SPEAKER 1]Hallo zu einer neuen Folge des wehorse Podcasts. Viele von euch, hoffentlich alle haben es mitbekommen, wir heißen seit einigen Wochen wehorse. Ein großer Schritt für uns, der vom gesamten Team über einige Wochen vorbereitet wurde und seit Ende Mai haben wir quasi den Schalter umgelegt und seitdem heißen wir wehorse. Grundsätzlich ändert sich für euch erstmal gar nichts. Wir sind weiterhin der Online-Ride-Coach mit inzwischen unglaublichen 485 Lernvideos online, über 60 Ausbildern. Jede Woche kommen neue Videos aus eigentlich allen Reitweisen, Ausbildungsweisen und Schwierigkeitsgraden hinzu. Auch der DVD-Shop ist weiterhin am Start. Ihr findet alles zusammen unter www.wehorse.com. Dort findet ihr auch den Blog, vielen auch als Magazin bekannt, der im Zuge dessen auch einen neuen Anstrich bekommen hat. Alles ist ein bisschen besser strukturiert und kategorisiert. Und wie ich finde, ist es sehr cool geworden. Wir haben dort wirklich unglaublich viele kostenfreie Inhalte rund um das Thema Ausbildung noch einmal für euch bereitgestellt. Ausbildung, ein gutes Stichwort. Wir sind in dieser Woche zu Gast bei Wolfgang Marlie. Wir sprechen über seine Arbeit, vielen von euch über den Film Pferde wie von Zauberhand bewegt vielleicht auch bekannt. Es geht um das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd und auch, wie die gesamte Familie Marlie dort lebt. Los geht’s! Wir sind heute mit dem wehorse-Podcast zu Gast bei einem Ausbilder von wehorse und der auch noch an der Ostsee wohnt. Es könnte quasi gar nicht schöner sein. Herzlich willkommen Wolfgang Marlie. Hallo Wolfgang.</p><p>[SPEAKER 2]Ja, hallo Christian. Ich bin sehr glücklich, dass ihr hier seid. Ich bin schon mal neugierig, was du zu bieten hast.</p><p>[SPEAKER 1]Ja, ich freue mich auch. Wir wollen so ein bisschen reden über Ausbildung. Wir wollen über deine Ausbildungsweisen reden, wie du mit Pferden arbeitest. Viele kennen Pferde wie von Zauberhand bewegt, deine DVD oder auch die Online-Videos bei uns. Was ist das Besondere an deiner Arbeit?</p><p>[SPEAKER 2]Das Besondere an meiner Arbeit ist, dass ich mich vor allen Dingen um den Menschen kümmere. Das heißt, mir ist es wichtig, dass die Leute eine Lebensqualität entwickeln können, weil sie einen Blick auf die Pferde bekommen, wie ich ihn früher nicht haben konnte. Ich bin noch in einer Zeit mit Pferden in Kontakt getreten, da war das alles vom Militär bestimmt. Pferde oder Tiere überhaupt. Es gab nützliche Tiere und schädliche Tiere. Nützliche Tiere wurden so weit gepflegt, dass sie leistungsfähig waren und schädliche Tiere wurden bekämpft. Und in diese Situation hinein, 1954 nach dem Kriege, bin ich hineingeraten in dieses Umfeld. Und deshalb war es für mich undenkbar, dass man zum Beispiel eine Idee hat, mit einem Pferd Freundschaft zu schließen. Das war so weit weg von mir. Das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass ein Pferd es irgendwie schön finden kann, mit Menschen näher in Kontakt zu sein. Sondern das war mir so dieser Nutztier-Gedanke. Wir sorgen für sie, für ihre Sicherheit sorgen, sie materiell versorgen. Aber dafür mussten sie dann uns auch mal aushalten. Und so habe ich immer wieder Leute getroffen, die gesagt haben, ja, also, ich nehme mir das Recht zu reiten, weil ich sorge ja auch dafür, dass es ihnen bei mir so weit materiell gut geht. Und das ist ein völlig anderer Ansatz, als ich ihn heute habe. Und diese neuen oder diese veränderten Ideen, dass ich jetzt einen anderen Blick auf Pferde habe, das hat sich im Laufe der Jahre so ergeben, durch eigentlich schwerpunktmäßig unsere Gäste, muss ich sagen, weil ich immer wieder Menschen traf, die ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem Tier hatten, in diesem Fall zu Pferden hatten, und ich zunächst mal etwas ratlos davorstand, wenn ich das Gefühl hatte, das Pferd ist jetzt Kindersatz oder so etwas. Das war für mich sehr befremdlich in der ersten Zeit. Und dann habe ich aber erleben dürfen, wie Pferde sich völlig total verändern, wenn man sich ihnen echt zuwenden kann und wenn man drüber nachdenkt, wie es ihnen geht. Das war ja nie ein Thema, sondern das war immer nur ein Thema, Wie funktioniert das? Was muss ich tun? Welche Hand an welchen Griff? Und wir haben jetzt gerade noch so einen kleinen, alten Ausbildungsfilm gesehen, so für Anfänger und so weiter. Und das ist so eine Atmosphäre von, wie ich sie noch kenne, von Strenge und alles korrekt machen und da wird nicht gelacht und das ist alles bierernst. Und man muss immer alles richtig machen. Und das erlebe ich eben natürlich heute immer noch. mit unseren Gästen, die vielfach aus solchen Stellen kommen, wo alles noch sehr ernst und sehr schwer genommen wird. Das heißt, wir hatten Probleme, es gab nur Probleme. Ich habe Probleme mit meinem Pferd oder ich habe das Problem, dass ich nicht dominant bin und all solche Aussagen, die es dann immer gab. Und durch Menschen, die ich hier treffen durfte, die zu uns kamen und diesen anderen Ansatz gezeigt haben, zum Beispiel habe ich hier als eine ganz große Inspiration Bettina Eistel, die hat ja bei den Paralympics, ist die mitgeritten und die hat das Handicap, dass sie keine Arme hat und jetzt erfolgreich reitet. Und die kam zu mir, weil sie bei mir gehört hatte, dass man hier ohne Arme reiten kann, also ohne Zügel reiten kann. Und sie wünschte sich das, aber da war ich nicht drauf vorbereitet. Ich musste also sehr viel experimentieren, weil mich sowas immer sehr interessiert, wenn Menschen andere Rahmenbedingungen haben als ich, wie die das händeln. Und das Eindrucksvolle bei ihr war, dass sie gesagt hat, sie ist Fachfrau für kreative Lösungen. Sie hat mir Dinge angeboten, sie hat mir gezeigt, wie man einem Pferd die Hufe auskratzen kann, ohne Arme zu haben, wie man ein Pferd auftrensen kann, ohne Arme zu haben, ein Pferd satteln kann. Ohne Arme, das war in meinem Kopf überhaupt nicht möglich. Und dann hat sie eine Fröhlichkeit verbreitet, die war unglaublich. Und da habe ich gemerkt, dass Lebensqualität oder Fröhlichkeit nichts mit dem Leistungsvermögen des Einzelnen zu tun hat. Ob jemand nur Olympiasieger ist, der kann trotzdem todunglücklich sein. und vielleicht sogar an seinem Erfolg zerbrechen. Und dann andere Menschen, von denen man denkt, die haben überhaupt keine Chance, weil sie eben so gehandicapt sind. Ich habe immer wieder mal mit Leuten gearbeitet, die entweder beinamputiert waren oder eben mit Blinden und da feststellen konnten, dass die oft eine bessere Lebensqualität hatten als ich, weil ich auch noch sehr oberigkeitsgläubig und sehr, sagen wir mal in dem Sinne, streng erzogen worden bin, gerade in dieser reiterlichen Szene. Und das hat mich zum Nachdenken gemacht und dann eben auch zu sehen, dass Leute, die so ein Handicap haben, trotzdem wunderbar mit Pferden umgehen können manchmal, nicht immer. Das ist also nicht die Voraussetzung, aber es ist eine Möglichkeit, die ich mir früher nicht erklären konnte. Und das immer weiter zu überprüfen, woher kommt denn eigentlich Lebensqualität und warum reiten wir letztendlich? Das ich eben erlebt habe, als Beispiel, Bettina, die kam zu mir mit diesem riesen Handicap und war umgeben von lauter Leuten, von jungen Leuten, die alle recht erfahren im Reiten waren und auch recht erfolgreich im Reiten waren. Aber die wirken alle viel unglücklicher als die Bettina selber. Und das hat mich so nachdenklich gemacht. Wie kann das sein, dass Menschen, die alle Voraussetzungen haben, sportlich sind, intelligent sind, hellwach sind, trotzdem aber so… eher verängstigt aufwirkten. Und da habe ich gedacht, was ist da der Unterschied? Und die Überlegung ist eben die, Bettina hat nichts zu verlieren. Und wir sind in einer Leistungsgesellschaft. Ich habe neulich einen Bericht darüber gelesen und der sprach von dem Bildungsdruck in den deutschsprachigen Ländern. Und der ist ungeheuer. Und ich habe auch darunter früher viel gelitten. dass ich immer meinte, ich muss allen möglichen Ansprüchen genügen. Und das war eben für mich dann die langsam sich entwickelnde Erkenntnis, dass mit meiner Leistungsfähigkeit nicht auch meine Glücksfähigkeit zunimmt. sondern dass eben kleine Kinder auch sehr vergnügt sein können, weil sie noch nichts können und weil sie aber auch noch nicht unter diesem Leistungsdruck stehen, weil sie gar nicht wissen, was das ist, die einfach im Tun ihre Freude finden. Und dann sehr oft die Beobachtung, dass ältere Menschen, die nicht mehr leistungsfähig sind, trotzdem unheimlich gelassen und fröhlich und entspannt in die Zukunft schauen, Obwohl sie nicht mehr leistungsfähig sind. Und uns ist ja immer suggeriert worden, man muss Leistung bringen, um einen Anspruch auf Glück oder Zufriedenheit zu haben. Und so hat sich das mit der Zeit immer mehr gewandelt. Und ich hab mich immer mehr interessiert für Menschen, die irgendwelche Handicaps hatten. Und mir dann überlegt, wie kann ich die unterstützen mit meinen Erfahrungen? Und weil ich es mich anfangs oft nicht leicht getan habe, mich wohlzufühlen in diesem ganzen Metier, gerade aufgrund dieses militärischen Grundgedankens, der damals immer noch sehr vorherrschte, dann zu überlegen, was kann man tun oder woran liegt das jetzt, ob einer zufrieden ist oder nicht. Und dann eben festzustellen, dass dieser Leistungsdruck, der mehr oder weniger hier immer wieder doch herrscht, das eigentlich Handicap ist. Und ich habe von solchen Leuten lernen dürfen, dass man auch ohne Großes nach außen darzustellen sehr vergnügt sein kann. Und diesen Gedanken verfolge ich seit dieser Zeit sehr intensiv und habe jetzt sehr viel Freude daran, was ich im Laufe der Jahre entdeckt habe an Pferden, wie offen die sein können, wenn man eben auf diesen Leistungsdruck verzichten kann, wie sie sich einlassen können, wie zutraulich sie werden können. Alles Dinge, die mir eine ganz andere Zufriedenheit geben als früher. Und deshalb ist es für mich heute so wichtig, dass ich auch meinen Unterricht mehr als eine Art Interessengemeinschaft sehe. Dass ich also in den Unterricht hineingehe, immer mit diesem Gefühl, Ich möchte genauso viel lernen davon, wie der Schüler, der zu mir kommt. Weil jeder bringt so viel mit an Potenzial, an Lebenserfahrung, an Fantasie, an Kreativität. Und wie oft stehe ich in der Reitbahn, habe eine feste Idee, wie etwas funktionieren sollte, und jemand anders, weil ich ihn erst mal machen lasse, ohne mich gleich einzumischen, mal so ein bisschen ihn kennenzulernen, plötzlich Dinge tut, von denen ich nicht geglaubt hätte, dass sie überhaupt gehen oder dass ich darauf gekommen wäre. Und deshalb sehe ich das mehr als eine Interessengemeinschaft. Ich habe gelernt von einem siebenjährigen Mädchen, die ein eigenes Pony hatte und ich wollte mich erst weigern, die zu unterrichten. Und dann stellte ich aber fest, das war ein hochbegabtes Kind, mit der konnte man reden wie mit einem Erwachsenen, allerdings mit dem Sprachgebrauch einer Siebenjährigen. Und jetzt sich in deren Situation hinein zu versetzen, die hat mich unglaublich gefordert, weil die mich bei jeder Unruhe sofort festgenagelt hat, dass ich nachher sehr dankbar war, sie kennenzulernen und davon zu profitieren, weil ich es schaffen konnte, sie wirklich auf Augenhöhe zu erleben. Oder wie gesagt, mit Behinderten oder mit älteren Menschen, die schon so eine Lebenserfahrung mitbringen und so eine Art Weisheit mitbringen, wo ich noch kämpfen muss, dass die schon Gelassenheit entwickeln können. Ja, und das hat eben dazu geführt, dass ich jetzt eher, wie gesagt, das als Interessengemeinschaft wahrnehme und der Austausch für mich das Wichtige geworden ist, mich inspirieren zu lassen von anderen und nicht mehr zu meinen, ich müsste jetzt alles wissen, alles richtig können. Und mich auf den Sockel zu stellen, sondern eben einfach auch dadurch weniger Verantwortung habe, dass ich mit den Leuten im Gespräch bin und auf Augenhöhe bin. Und dadurch, dass ich jeden Tag mehr genießen kann, Unterricht geben zu dürfen, weil das ein Geschenk ist. hat mal jemand gesagt, Lehrer zu sein, ist das der schönste Beruf von der Welt. Und früher, bevor ich anfing das zu machen, habe ich immer gedacht, Lehrer zu sein ist das Gruseligste und noch Reitlehrer obendrein. Ich kannte nur die schreienden und schimpfenden Reitlehrer. die verzweifelt waren und hilflos waren. Und dann durch Zufall, ich wollte nie Unterricht geben, bin durch Zufall da reingeraten, weil ich nämlich die Halle, die wir da haben, die habe ich nur für mich gebaut, um im Winter so ein bisschen Pferde auszubilden und vielleicht wieder zu verkaufen. Und wir haben früher nur Ausritte hier organisiert, weil ich dachte, die Leute können hier die schöne Natur genießen. Und das macht es mir leichter, mit Pferden umzugehen. Und dann wurde ich halt bedrängt, mal Unterricht zu geben. Und ich war im Grunde nie wirklich der Geländereiter von Hause aus, sondern das Tüfteln hat mich immer gereizt. Ich brauchte eigentlich nur ums Haus herum zu reiten, intensiv das Pferd erleben wollte.</p><p>[SPEAKER 1]Ein bisschen spüren, fühlen, wie funktioniert das?</p><p>[SPEAKER 2]Ja, und immer wieder überlegen, dem Pferd auf die Schliche zu kommen. Wie tickt es eigentlich? Warum reagiert es manchmal so und manchmal so? Das hat mich immer fasziniert. Jedenfalls war ich dann in dieser Halle und dann wurde ich bestürmt, ich soll mal Unterricht geben. Und dann war das wie ein Blitz für mich, dass ich mich erst gewährt habe, mit Händen und Füßen diesen Unterricht zu machen. Als ich dem aber nicht mehr ausweichen konnte und mich ein paar mal eingelassen habe, plötzlich merkte, das ist das, was mich reizt und was mich interessiert, weil durch die Fragen, die dadurch entstehen, plötzlich ich eine ganz andere Klarheit gewinnen konnte und ich, wie gesagt, die Inspiration durch die anderen oft bekam. Andere Lösungen zu finden. Und deshalb ist das meine Passion geworden. Das habe ich mir früher nie vorstellen können. Und ich freue mich jetzt über jeden, der zu mir kommt und sich interessiert für meine Themen. Und da bin ich nach wie vor ganz offen. Und ich gebe jetzt fast 60 Jahre Unterricht. Und es macht mir jeden Tag mehr Spaß. Das ist das Verrückte daran, das kann man jemandem anders nur ganz schwer erklären, dass ich eben jetzt von jedem, der kommt, fast immer es schaffe. Jedenfalls wird es natürlich manchmal nicht so gelingen, weil ich auch manchmal erschrecke und mich überfordert fühle bei bestimmten Ansinnen. Aber im Großen und Ganzen ist in jedem Menschen, der zu mir kommt, für mich eine Riesenchance dazu zu gewinnen und Anregung zu bekommen.</p><p>[SPEAKER 1]Du hast es eben angesprochen, deine reiterlichen Anfänge in den 50er Jahren, damals noch militaristisch geprägt. Wie bist du damals zum Pferd gekommen?</p><p>[SPEAKER 2]Wie bin ich zum Pferd gekommen? Ich habe mir immer gewünscht, Pferde waren für mich prächtige Tiere, eindrucksvolle Tiere. Und so ein bisschen das Gefühl auch von Macht zu haben. Als Junge, als ich das erste Mal auf einem Mofa gesessen habe und mit dem Griff drehen konnte und das plötzlich unter mir davonschoss, Diese Energie zu spüren, das fand ich faszinierend. Und dann hatte ich eben die gleiche Idee, jetzt ein Pferd zu haben und auch zu führen, um es ehrlich zu sagen, auch das Gefühl zu haben, sowas beherrschen zu dürfen. Dass das natürlich ein unglaubliches ein positives Gefühl zu dieser Zeit war. Und das hat mich gereizt. Und ja, wie bin ich dazu gekommen? Jemand kam zu uns. Wir hatten ein hektargroßes Grundstück hier im Ort.</p><p>[SPEAKER 1]Also hier sind quasi vor die Tore Lübecks.</p><p>[SPEAKER 2]Immer noch hier, ja.</p><p>[SPEAKER 1]Scharbeutz an der Ostsee.</p><p>[SPEAKER 2]Wir hatten ein ein Hektar großes Grundstück. Dann kam jemand zu uns und fragte, ob er auf unserem Grundstück einen Reitstall eröffnen dürfte. Ich hatte keine Ahnung. Als er zu uns kam, war ich 14 Jahre alt. Meine Mutter war alleinerziehend Witwer, mein Vater ist im Krieg gefallen und musste irgendwie die Kinder durchbringen. Und was macht man denn hier im Touristengebiet? Man vermietet seine Wohnung erstmal, man vermietet sein Bett und diese Dinge. Und so haben wir angefangen, fanden das sehr reizvoll, als ich hörte Pferde. Und dann bei uns auf dem Hof oder auf unserem Grundstück war ich Feuer und Flamme.</p><p>[SPEAKER 1]Das war vorher einfach freies Land?</p><p>[SPEAKER 2]Das war freies Land, also Obstland, Ackerland und so weiter. Und da fahre ich Feuer und Flamme. Und jetzt kommt die ganz verrückte Geschichte. Ich hatte eine hart arbeitende Mutter, die mich versucht hat irgendwie durchzubringen. Aber sie war eben immer sehr bemüht, für ihren Sohn alles zu tun. Jedenfalls hat dieser Breitstahlbesitzer dann geschwärmt davon, dass er ein Pferd hätte, was er sich aber nicht leisten könnte, was aber eine faszinierende Zukunft haben würde und wenn er sich das erwerben könnte. Und meine Mutter hat ihn gefragt, ob sie das Pferd nicht für mich kaufen könnte. Und er sollte mir dann mit diesem Pferd Unterricht geben und wir würden dann gemeinsam was davon haben. Und so hat sie ein Pferd gekauft, ohne Ahnung von Pferden, ohne dieses Pferd jemals gesehen zu haben, ging das in meinen oder in ihren Besitz über. Und es wurde dann angeliefert und der Besitzer hat mich nicht in seine Nähe gelassen. Weil er gesagt hat, das Pferd ist so gefährlich, dass man noch nicht mal die Box betreten darf. Und es in irgendeinem verdunklen Schlag verschlag, wo es sich hinvegetierte. Und er sich dann aber selber total überfordert fühlte. Das war mein erstes Pferd. Eines Tages war dieses Pferd verschwunden. Und ich habe dann mal nachgefragt als Junge, wie gesagt bescheiden und oberigkeitsgläubig, wo denn das Pferd wäre. Ich hätte vielleicht einen Interessenten von unseren Gästen dafür, dass jemand ein günstiges Pferd suchte.</p><p>[SPEAKER 1]Also ihr hattet damals auch schon einen Pensionsbetrieb?</p><p>[SPEAKER 2]Also wir haben schon Gäste vermietet, ja. Entschuldigung.</p><p>[SPEAKER 1]Genau, eine Gästewohnung. Vielleicht noch zur Erklärung, also ihr betreibt hier in Scharbeutz eine große Reiterpension inzwischen, beziehungsweise einen Ferienbetrieb, wo man auch sein eigenes Pferd mitbringen kann. Wir sind eben mal durchgelaufen, bis zu 40 Gäste, die gleichzeitig hier sein könnten. Aber das war unabhängig vom Reitstall schon vorher, also der Ferienwohnungsbetrieb.</p><p>[SPEAKER 2]Dieser Ferienwohnungsbetrieb, das war unser Privathaus. Mein Vater ist, wie gesagt, gefallen, nicht aus dem Krieg zurückgekommen. Und dann macht man dann eben das hier, dass man an Feriengäste vermietet. Erst mal die eigene Wohnung, weil sonst nichts anderes da war. Und dann sind wir umgezogen in dieses Gelände hier, aber innerhalb dieses Ortes.</p><p>[SPEAKER 1]Und …</p><p>[SPEAKER 2]Wir haben damals schon immer sehr drüber nachgedacht, weil es ein bisschen Hinterland ist, also vier Kilometer bis zur Ostsee, haben wir immer drüber nachgedacht, wie man die Saison verlängern könnte. Weil vier Wochen im Jahr kann man nicht davon leben, dass man ein paar Betten vermietet. Wir wollten es halt ein bisschen attraktiver machen und da kam uns diese Idee, was mit Pferden zusammen zu machen. hier Ausritte zu organisieren, die ist damals entstanden. Es ist also im Grunde so, dass ich mir ein Pferd nicht leisten konnte und um mir mein Hobby zu ermöglichen einfach ein paar mehr angeschafft habe. So hat das im Grunde angefangen. Und ich wollte eigentlich diesen Beruf gar nicht ergreifen, bin gar nicht auf die Idee gekommen ihn zu ergreifen. Ja, ins Büro, ich wollte Verlagskaufmann werden und hab dann aber festgestellt, das ist für mich nichts. Den ganzen Tag im Bürostuhl sitzen, ich hatte nur Kopfschmerzen und das war nichts.</p><p>[SPEAKER 1]Aber hast du mal ausprobiert?</p><p>[SPEAKER 2]Das hab ich dann ausprobiert und dann aber abgebrochen. Ja, und dann hab ich gedacht, dann geh ich nach Hause und mach dann mit Pferden ein bisschen was Nettes und vor allem diese Ausreit-Geschichten. Und das hat sich dann im Laufe der Zeit eben so verändert, dass wir jetzt uns spezialisiert haben nur auf Unterricht. Wir machen keine Ausritte mehr. Weil wir eben diese Idee, die Beziehung zu pflegen zwischen Mensch und Tier, das unser großes Anliegen ist. Und meine Mitarbeiter haben die Anweisungen quasi, dass sie sich darum kümmern sollen, dass die Menschen, die zu uns kommen, sich in die Tiere verlieben, mit denen sie umgehen. Das ist so der Ansatz. Und Reiten wie von Zauberhand bewegt ist so ein bisschen diese Idee, sich für Pferde begeistern zu können, einfach dieses Gefühl dankbar zu sein, dass man mit solchen Wesen umgehen darf, dieses Privileg als solches wahrzunehmen und nicht davon abhängig zu machen, wie leistungsstark nach außen sich ein Pferd präsentiert, sondern eben Wenn jemand, der ängstlich ist und unerfahren ist, wenn man ihm dann hilft, die Beziehung zu vertiefen, Vertrauen aufzubauen, auf Gegenseitigkeit, den Pferden wieder Vertrauen zu geben, weil das oft gestört ist und den Menschen Vertrauen zu ihrem Tier zu geben, das ist das, was uns erfüllt und uns begeistert.</p><p>[SPEAKER 1]Obwohl du ja auch klassische Ausbildung genossen hast, zum Beispiel bei Paul Stecken oder bei Harry Bolt, wie kam das dann zustande?</p><p>[SPEAKER 2]Ja, das habe ich, wie gesagt, um eben Fortbildung zu betreiben, habe ich das dann gemacht. Und das ist ja kein Widerspruch. Für mich ist es das nach wie vor. Ich bin ein großer Verfechter der englischen Reitweise, weil ich damit angefangen habe. Ich habe mal den Spruch gehört, eine Idee ist nicht verantwortlich für ihre Jünger. Und ich finde die fantastisch, die englische Reitweise von ihrem Grundidee. Und da haben wir natürlich bei Harry Boldt oder vor allen Dingen bei Paul Steckl natürlich ganz große Ideale mitbekommen. Es ist ja nicht so, dass diese Leute nun alle irgendwie… Naja, weiß ich nicht, wie man das ausdrücken soll, sondern ja schon sehr ernsthaft und trotzdem mit Begeisterung die Dinge betrieben haben. Und großartige Pferdeleute.</p><p>[SPEAKER 1]Für sich stehen großartig.</p><p>[SPEAKER 2]Ja. Und auch diese Idee der englischen Reitweise, die ist ja wirklich nun gewachsen über lange, lange Zeit. Und ich halte sehr viel von Tradition. Aber wie gesagt, wie es dann manchmal ausgelebt wird und was Leute darunter verstehen, das hat ja nichts mit dem zu tun, was ich darunter verstehe. Also bin ich nach wie vor ein Verfechter. Diese Idee, ich finde sie nur so komplex. Und das ist so ein bisschen mein Anliegen, die Leute wieder auf den Ursprung und die Grundgedanken darauf zurückzuführen. Weil es heute so ist, sehr schnell, man sitzt im Fernsehen und meint dann beurteilen zu können, ein, was weiß ich, eine Zuschaueraufgabe. die man im Fernsehen sieht und man meint, geht jetzt in den Stall und reitet das nach. Nirgendwo kommt jemand auf die Idee, wenn er ein Konzert hört und irgendeinen berühmten Pianisten sieht oder erlebt oder hört, dann hinzugehen und zu sagen, ich will das jetzt auch so machen. Beim Reiten hat man sehr schnell das Gefühl, man muss jetzt irgendwo anfangen, da wo andere … Ein gewisses Level, ne? Ja. Wir fangen also zu oft zu weit oben an. Wir gehen nicht beim ersten Schritt los. sondern wir fangen beim 10. vielleicht schon an. Und das ist etwas, was mich beschäftigt, den Menschen ein Grundverständnis zum Wesen des Pferdes zu geben, damit sie wissen, was sie da tun und auf was sie sich einlassen können. Und dass sie den Reiz eben darin sehen, sich auf diese Beziehung einzulassen und sie entsprechend zu pflegen und daraus den Genuss zu ziehen. So wie man eben Kinder hat, wenn man Freude an Erziehung und Kreativität und gemeinsamen Erleben hat, so kann man das mit Pferden eben genauso haben.</p><p>[SPEAKER 1]Also ist ja auch, wenn man Schwierigkeiten mit dem Pferd hat, entstehen die ja tendenziell dann eher aus der Schwierigkeit im Zusammenspiel zwischen Mensch und Pferd, oder? Das müsste ja das Credo dann sein.</p><p>[SPEAKER 2]Ausschließlich. Das ist die Erkenntnis, die ich dann gezogen habe, dass es für mich heute keine schwierigen Pferde mehr gibt, sondern Pferde mit verschiedenen Verhaltensmustern. Es ist halt ein Ereignis, was passiert. Und wie ich das in irgendeiner Weise bewerte, mache ich mir selber das Leben ganz schwer. Wenn ich jemanden als faul tituliere, dann werde ich dafür sorgen, die sich selbst erfüllende Prophezeiung, dass er faul bleibt. Weil Faulheit gibt es für mich nicht. Niemand wird faul geboren. Aber man wird oft entmutigt im Leben. und den Leuten wieder Mut zu machen, weil jeder ist von Hause aus unternehmungslustig und jeder ist neugierig von Geburt an. Und das hält uns am Leben und das wird sehr oft dann eben nicht ausreichend berücksichtigt, möchte ich mal so sagen. Und mir geht es jetzt darum, die Faszination mit den Menschen zusammen wieder zu entdecken, was ein Pferd alles bieten kann. Aber natürlich, ein Pferd ist ein sehr vorsichtiges Wesen und diese Vorsicht schlägt dann schnell in Ängstlichkeit um. Und wenn sie Panik haben, dann sind sie für mich eben sehr gefährlich. Und wenn die Leute mich fragen, was soll ich tun, wenn mein Pferd durchgeht, Ich kann ihr nicht helfen, das Chaos zu verwalten, das ist nicht mein Job. Weil da gibt es keine Möglichkeit mehr. Wenn ein Pferd durchgeht, dann ist es nicht mehr ansprechbar. Also mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass es möglichst gar nicht erst passiert. Also die Prophylaxe, wenn man so will. Also die Freude am Üben, die Freude am Miteinander, die Dinge so zu gestalten, dass wir Lust haben zu lernen. Und dass wir Lust haben, wie gesagt, Experimente zu machen.</p><p>[SPEAKER 1]Und da sind ja auch wahrscheinlich die verschiedensten Situationen, die da auf dich zukommen, weil nicht jede Situation ist gleich. Es gibt immer eine andere schwierige Situation im Zusammenspiel zwischen Mensch und Pferd. Man muss sich am Ende ja immer darauf einlassen und darauf einstellen, oder?</p><p>[SPEAKER 2]Das ist ja der Reiz an der Sache. zu begreifen, dass Reiten… Es gibt Leute, die lösen gerne Kreuzwortritzel. Und es gibt Leute, die setzen gerne Puzzle zusammen. Und das Spiel heißt eben, sich auf den Weg zu machen. In dem Moment, wenn es theoretisch möglich wäre, etwas fertigzustellen, ist in der Erziehung meinetwegen, dann wäre das Spiel kaputt. Das ist so wie ein Arzt, der sich beschwert, dass die Leute krank sind. Dessen Berufung ist es, anderen Menschen zu helfen. Und so ist es hier natürlich mit dem Umgang mit Pferden ganz genau so. Ein Pferd wird ein Leben lang Bedürfnisse haben und die wechseln. Und dann immer zu erkennen, wo muss ich jetzt eingreifen, damit es alles so ein bisschen ausgewogen bleibt. Damit es Ruhe bekommt, wenn es Ruhe braucht. Damit es dann, dass es was zu fressen bekommt, wenn es Hunger hat. Und dass es Anregungen bekommt, wenn es unternehmungslustig ist. Und da immer diese Balance herzustellen, das ist der eigentliche Reiz, ängstliche Pferde irgendwie zu ermutigen, Dinge anders sehen zu können. Also, wenn man so will, Beziehungstraining.</p><p>[SPEAKER 1]Das hilft ja in allen Lebenslagen, das Beziehungstraining.</p><p>[SPEAKER 2]Ja, genau.</p><p>[SPEAKER 1]Und du sagtest gerade, ihr habt das großes Feriengäste hier. Kommen denn Leute auch explizit auf dich zu mit schwierigen Pferden, wo die sagen, Wolfgang, hilf mir. Wir kommen nicht mehr so miteinander aus, ich und mein Pferd. Was können wir tun? Oder wie hilfst du konkret dann?</p><p>[SPEAKER 2]Ja, insofern, also ich immer sage, ja, jeder ist hochwillkommen, der in seinen Augen ein schwieriges Pferd hat. Ich kriege dann immer blanke Augen und sage, wo steht dieses Pferd, das möchte ich unbedingt kennenlernen, das ist der eigentliche Reiz für mich. Allerdings mache ich nur etwas mit ihm zusammen. Also ich bilde keine Pferde in dem Sinne selber aus und überreich sie dann. Macht man ja heutzutage in der Hundeschule oder sowas. Früher hatte man noch die Idee, man gibt einen Hund weg, lässt ihn ausbilden, aber man weiß, dass es ziemlich unsinnig ist. Und so ist es mir wichtig, den Menschen, der Hilfe haben möchte, daran zu unterstützen, wie er eben die Beziehung zu seinem Tier besser gestalten kann. Aber dazu brauche ich vor allen Dingen ihn. Und dann arbeiten wir eben entsprechend zusammen. Also ich mache keine Pferdeausbildung für mich oder korrigiere anderen Leuten Pferde, sondern eigentlich ist das immer die Hilfe für den Besitzer.</p><p>[SPEAKER 1]Hilfe zur Selbsthilfe. Ja.</p><p>[SPEAKER 2]Das ist das Entscheidende. Und ich möchte eben nicht die Leute abhängig machen, sondern ich möchte ihnen Anregungen mit nach Hause geben, wo sie eine Art Leitfaden im Hinterkopf immer haben, wie sie überprüfen können, wo stehen sie jetzt, wie können sie ihre Sicherheit organisieren und dann eben eigenständig Freude an ihrem Pferd eben haben.</p><p>[SPEAKER 1]Was sind da so die häufigsten Probleme, die dir über den Weg laufen?</p><p>[SPEAKER 2]Die häufigsten Probleme auf unserem Niveau sind vor allem schreckhafte Pferde, ängstliche Pferde, mit denen die Leute sich nicht ins Gelände trauen. Oder natürlich auch von der Gymnastik her Pferde, die steif sind. sich nicht so bewegen, wie man sich das vorstellen könnte, weder für das Pferd noch für den Menschen. Also denen dabei zu helfen, dass sie jetzt ein Pferd haben, was sich ein bisschen nett und angenehm unter ihnen bewegt, aber vor allen Dingen Sicherheit. Das ist ein sehr, sehr gravierendes Thema.</p><p>[SPEAKER 1]Sicherheit und Vertrauen.</p><p>[SPEAKER 2]Ja, das ist eines der, unser Hauptthema, möchte ich sagen.</p><p>[SPEAKER 1]Und das löst du dann in den Anfangszügen zum Beispiel über Bodenarbeit?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Zum Beispiel, ich sage den Leuten immer, für uns die Schwierigkeit liegt ja daran, wenn jemand schon auf dem Pferd sitzt, dann ist die Kommunikation mit dem Pferd ja doch sehr komplex. Und jemand, der erst anfängt, ist total überfordert, ein Pferd zu führen und gleichzeitig zu fühlen und zu überlegen und welche Hand an welchen Griff. Das ist eine totale Überforderung, dann kommt das automatisch sofort zu Missverständnissen zwischen Mensch und Tier und der kann keine klaren Gedanken mehr fassen, verhält sich dann so, dass das Pferd immer erschreckter ist und dann schaukeln die sich ganz schnell aneinander hoch. Und deshalb ist die Bodenarbeit, das nenne ich immer so ein bisschen das, was für den Piloten der Flugsimulator ist. Dass man einfach hier Fehler machen darf, einen Crash nach dem anderen bauen darf, wenn man in der Bodenarbeit ist und trotzdem ist die Sicherheit für alle Beteiligten gewährleistet. weil man auf sicherem Grund steht, man kann sich zurückziehen, wenn ein Pferd mal nervös ist, dann lässt man ihn auch mal alleine ein bisschen herumspringen oder sowas und kann sich das in Ruhe angucken und wenn er sich dann wieder sortiert hat, dann geht man wieder hin, nimmt wieder Kontakt auf und alles sehr gefahrlos. Und natürlich muss auch diese Bodenarbeit entsprechend begleitet werden. Es kann nicht angehen, dass jemand einfach losschießt und mal so im Boden versucht irgendwie mit Pferden was zu machen. dann kann es trotzdem sehr gefährlich werden. Aber es ist sehr viel einfacher, dann Schritt für Schritt Menschen einzuweisen, wie sie sich langsam diese Beziehung aufbauen können. Vom ersten Kontakt hin, wie man den gestalten kann.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Körpersprache.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Körpersprache, all diese Dinge, eben wie man eine Kommunikation aufbaut. Und das ins Bewusstsein zu rücken, dass jeder Mensch, und das ist mir so wichtig geworden, sich bewusst sein muss, dass wenn er in den Wahrnehmungskreis eines Pferdes kommt, gleichzeitig auch sein Ausbilder ist. Das Pferd lernt einen Menschen kennen und entweder macht er einen Fehler, das Pferd erschrickt und wenn er das nächste Mal auftaucht, steht das Pferd schon da und sagt, nicht der schon wieder, um Gottes Willen. Oder umgekehrt, es macht eine gute Erfahrung mit einem Menschen, dann wird es sich beim nächsten Mal schon viel positiver ihm gegenüber äußern können. Und dass man nicht in eine Reitschule gehen kann und sagen, gib mir ein Pferd, was ausgebildet ist, was schon alles kann. Ich wurde früher oftmals gefragt von den Gästen, was kann dieses Pferd? Und ich habe diesen etwas hinkenden Vergleich, dann zu sagen, es stimmt zwar nicht so ganz, aber was kann ein Klavier oder was kann eine Geige? Und so ist es mit Pferden eben auch. Es muss vor allem jemand da sein, der mit ihm sich vernünftig unterhalten kann, der weiß, was er da tut. Und dass man nicht einfach Pferde benutzt zum Ausprobieren, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass man unter Umständen viel Vertrauen zerstört, Verständnis zerstört, Respekt kaputt macht, auflöst oder sie gewinnt. Und das ist eben die Aufgabe des Reitens für mich, eben dieser interessante Prozess ist Verständnis, zu verbessern, Vertrauen zu verbessern und Respekt zu verbessern. Wenn die nicht alle drei zusammenlaufen, dann kann die Beziehung nicht gut laufen. Und dieser kreative Prozess, in die Beziehung einzutreten und daran Freude zu haben, das ist das, was mich reizt.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Gibt es denn auch Situationen oder gab es Situationen, wo du sagst, okay, hier kommen wir nicht weiter. Hier gibt es so ein großes Problem zwischen Reiter und Pferd, zwischen Mensch und Pferd. Das wird man nicht so mit der Arbeit lösen können, da wird man kein Vertrauen aufbauen können. Gab es Situationen, wo du selbst gesagt hast, okay, lass es sein.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Also früher war ich arrogant genug, dann immer wieder auch mein Urteil abzugeben und etwas abzuwerten unter Umständen. Sag das hat doch keinen Sinn oder das Pferd ist nicht geeignet oder der Mensch ist nicht geeignet oder sowas. Ich habe so verblüffende Dinge erlebt im Laufe der Jahre. wo aus scheinbar ausweglosen Situationen fantastische Dinge entstanden sind, dass ich heute nie mehr diese Aussage so treffen würde. Ich würde höchstens sagen, ich fühle mich jetzt überfordert. Aber nicht, dass das nicht geht. Wie gesagt, außer dass vielleicht ein Pferd neurologisch defekt ist. Aber das habe ich einmal, glaube ich, im Laufe dieser ganzen 60 Jahre erlebt, dass wir wirklich ein Pferd haben, krank war in diesem Sinne, Verhaltensmuster zeigte, die unberechenbar war und auch sehr gefährlich waren, aber alles andere, was ich erlebt habe, waren immer nur Pferde, die verunsichert waren, verstört waren durch Erlebnisse, die sie hatten. Und da muss man einfach dran glauben und das gilt für den Menschen und das gilt für die Pferde für mich.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Und das ist ja eigentlich auch ein Aufruf, dass man vieles auch gemeinsam schaffen kann, ne?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Und das Entscheidende ist, man muss dran glauben. Man muss es wollen und sich klar darüber werden, was ist mein eigentliches Ziel. Und deshalb immer wieder meine Betonung darauf, der Reiz im Reiten oder das, was für mich Reiten lohnend macht, ist die Begeisterung dafür hier mit einem Lebewesen zu tun zu haben und nicht mit einem Sportgerät. Und das war früher so ein bisschen mein Ansatz, muss ich zugestehen, dass ich es doch mehr als Sportgerät gesagt habe und entsprechend viel Frust habe ich auch gehabt. Weil durch die Misserfolge scheinbar eben zunächst mal meine Unzufriedenheit automatisch dann wuchs, wenn etwas nicht so funktionierte. Heute sehe ich das ganz anders, habe ich ein ganz anderes Verhältnis zu den sogenannten Misserfolgen. Sie sind immer gleichzeitig auch eine Chance, daraus zu profitieren. Und heute kann ich eben sehr vielen Menschen doch Hilfestellung leisten durch die Frusterlebnisse, die ich früher hatte, die ich aber irgendwie auflösen konnte. Und so gibt es natürlich immer wieder Situationen, wo ich sagen muss, im Moment, das überfordert mich, da die Verbindung herzustellen. Aber ich würde nie sagen, der Mensch ist nicht geeignet oder das Pferd ist nicht geeignet. Aber ob ich es leisten kann, die so zu unterstützen, dass sie dahin kommen, wo sie hinwollen, das ist dann eine andere Sache.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Hast du denn auch turniersportlich selber geritten?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Im Verhältnis wenig. Im Verhältnis wenig. Ich hab so ein bisschen pflichtgemäß ein bisschen gemacht, bis M geritten, aber auch springen. Ich hab so früher so around ein bisschen was gemacht, ein bisschen Gelände und so weit das im Rahmen meiner Möglichkeiten lag. Und ich fand es immer nie so ganz passend, auf ein Turnier zu ziehen, um dann zu zeigen, wie gut meine Beziehung zu meinem Pferd ist. Und schon gar nicht für Dressurprüfungen morgens um sechs irgendwo auf einem vernebelten Platz dann aufzutauchen mit frierenden Richtern und das jeden Sonntag wieder. Das war irgendwie nicht so meine Welt. Wie gesagt, weil es auch dazu gehörte, habe ich es ein bisschen auch gemacht, aber doch sehr begrenzten Rahmen. Weil es, wie gesagt, eigentlich nicht so meine Welt ist, dann meine Beziehung öffentlich zu machen zu dem Tier, mit dem ich umgehe. Wie gesagt, was ich sehr bewundere, zum Beispiel hier, für mich geradezu vorbildhaft, ist Uta Gref. die mit einer Lockerheit und einer Fröhlichkeit da zu Werke geht und durch ihre Offenheit auch Leute begeistern kann. Und das ist Vorbildhaft für mich. Und dann eben auch aufs Turnier zu gehen. Aber wir wissen ja auch, dass sie auch mit sich gehadert hat, ob sie diesen Weg gehen kann. Und dazu braucht man natürlich nicht nur die Fröhlichkeit, sondern auch ein gewisses Maß an Talent, damit es dann auch sich irgendwie rechnen kann.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Und …</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
In Mainz war es nie so, richtig in die Öffentlichkeit zu gehen und das zur Schau zu stellen. Das ist genau wie mit den Messen. Wir sind da eingeladen worden, aber es war immer so ein bisschen ein zerrissenes Gefühl, wie fühle ich mich auf einer Messe. Weil es mir, wie gesagt, mehr um die inneren Geschichten geht. Wie fühle ich mich, wenn ich ein Pferd streicheln darf oder was weiß ich, den Stall ausmisten kann oder sonst wie dieses in die Beziehung zu kommen. Und das ist so mein Hauptanliegen heute.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Nun habt ihr euch in Scharbeutz wirklich ein Paradies geschaffen, muss man sagen. Ich bin heute das erste Mal hier, aber bei diesem traumhaften Wetter. Ein Pensionsbetrieb, ich nenne es immer Pensionsbetrieb, eigentlich ist es ja so eine Art Ferienwohnung plus Boxen für Pferde, die man mitbringen kann. Ist das so ein bisschen ein Traum von dir gewesen, so einen Ort zu schaffen wie hier?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, ja. Das ist für mich so ein bisschen… Ich bin kein Mensch, der so gerne nach draußen geht. Ich sitze lieber hier. Und dass die Leute zu mir kommen, wenn jemand einen Bedarf hat. Ich kann nicht gut als… über Land ziehen und für mich werben. Sondern hier kann ich sitzen und warten, ob jemand Interesse hat an dem, was ich… Ich freue mich über jeden, der hierher kommt. Aber ich bin nicht jemand, der auf den Markt geht und sagt, hier müsst ihr zu mir kommen. Und wir haben hier so eine kleine Oase uns geschaffen und du siehst es auch in diesem Tal. Ich habe das damals mit ausgesucht, dass wir hierher gezogen sind. Meine Mutter hat das gekauft. Aber es ist so ein bisschen wie so eine Oase. Und es ist sehr abgeschirmt, es ist wunderbar hier, weil es so vielschichtig sein kann. Als wir damals hier ritten, ausritten, war der Abwechslungsreichtum dieser Landschaft das, was mich fasziniert hat. Dass man ja alle 100 Meter einen neuen Ausblick hat. Muss ich aber zugeben, dass die Ausreitmöglichkeiten hier inzwischen sehr schlecht geworden sind im Verhältnis durch die entstandene Infrastruktur. aber nach wie vor für Urlaub zu machen, dass man hier ganz, also wir haben fast den See fast vor der Tür, wir haben den Wald, wir haben die verschiedensten Mischformen von Wald, wir haben Heidecharakter, hier ein bisschen landeinwärts, wir haben die Feldmark, wir haben die Seen, wir haben das Meer fast vor der Tür. Man kann hier, wie gesagt, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, in ganz kurzer Zeit so unterschiedliche Dinge erleben und auch genießen hier. Travemünde, Timmendorf, Scherbeutz, die Bäder oder Lübeck ist ganz nah dabei und Hamburg ist auch nicht aus der Welt. Und trotzdem ist man blitzschnell hier, wenn im Sommer der Trubel an der Ostsee dann zu groß wird, ist man drei, vier Minuten hier in einer Abgeschiedenheit, dass du das Gefühl hast, du bist auf einer Insel. Und das hat mich von Anfang an so fasziniert und ich hab schon mal drüber nachgedacht, vielleicht woanders hinzugehen, weil wir hier platzmäßig so ein bisschen begrenzt sind für unseren Betrieb selber. Aber ich hab mir die Landkarte genommen und ich dachte, die möchten nirgendwo anders sein als hier. Aber es liegt auch daran, weil ich hier geboren bin.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Wie groß seid ihr inzwischen? Also was Reitlehrer angeht, was Feriengäste, Reiterferiengäste angeht?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Was ist groß in diesem Zusammenhang? Verstehe ich die Frage nicht so ganz.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Also würdest du sagen, dass ihr inzwischen so groß gewachsen seid, dass du sagst, wir haben uns jetzt so einen Ort geschaffen, jetzt soll es auch nicht größer werden?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, um Gottes Willen. Also das darf in gar keinem Fall größer werden. Was mir von Anfang an wichtig war, die persönliche Begegnung mit den Menschen hier. Und wir haben aus diesen Gründen sehr viele Einzelstunden eingerichtet, weil wir wirklich ganz anders mit den Menschen in Kontakt kommen. Und es ganz wichtig ist, seine Beweggründe, warum er was machen will, warum er mit Pferden überhaupt zu tun haben will, um da möglichst zielgerichtet auf die Bedürfnisse des Einzelnen einzugehen. Wie gesagt, wir haben mit Behinderten hier gearbeitet und mit älteren Menschen, mit Kindern und so weiter. Und da ist mir einfach dieses persönliche Gespräch so eminent wichtig, dass wir in Beziehung kommen zu unseren Gästen. Und deshalb darf es in keinem Fall größer werden, aus meinem Verständnis heraus. Das Einzige, was sich noch ein bisschen verbessern könnte, wäre ein bisschen mehr Gleichmaß. Weil es natürlich wie in allen Touristengebieten dann doch ein bisschen saisonabhängig ist. Aber das verändert sich jetzt schon im Laufe der Zeit sehr, dass wir eben Vor- und Nachsaison die wirklich intensiven Reiter oder reitbegeisterten Leute hierher kriegen. Ja, um es einfach so zu sagen, also die persönlichen Beziehungen zu den Gästen und wenn du mal einen Blick in unser Gästebuch wirfst, was da inzwischen alles an Rückmeldungen ist, die für mich einfach sehr berührend sind. Ich möchte gerne berührt werden und ich möchte die Menschen berühren. Und ich möchte den Menschen Mut machen, soweit ich das kann, soweit ich selbst in der Lage dazu bin, und möchte Pferden Mut machen. Das ist für mich das Größte, was man so im Leben überhaupt erreichen kann. Neugierig zu sein und experimentierfreudig. Das ist mein Anliegen.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Und euer Fanclub ist ja einfach riesig inzwischen, also deutschlandweit kommen ja die Leute hierher.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, nicht nur deutschlandweit, sondern auch europaweit, möchte ich schon mal sagen. Nicht so viel, aber doch ist es sehr schön, sehr erfüllend und sehr befriedigend.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Wie viel Unterricht gibst du selber noch?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Wie viel Unterricht? Das ist sehr, sehr unterschiedlich. Aber so in der Saison sieben, acht Stunden.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Pro Tag noch?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, ja.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Also voll Blut und voll passioniert, jeden Tag noch dabei?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Sieben Tage die Woche meistens dann, ja.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Das ist dann eine Berufung?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Wirklich eine Berufung? Ja, ist es tatsächlich geworden im Laufe der Zeit. Das war es ursprünglich nicht unbedingt, aber es ist draus geworden. Ich habe die ganze positive Seite an dieser Dinge für mich total jetzt entdecken können. Und das möchte ich so ein bisschen weitergeben.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Großartig. Lieber Wolfgang, wir haben am Ende eines jeden Podcasts immer die vier klassischen WeHorse-Podcast-Fragen. Und die erste Frage, die ich dir gerne stellen möchte, ist, gibt es ein Motto, nach dem du lebst? Ja.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Mein tiefes Anliegen ist das Miteinander. Zum Beispiel mit den Pferden. Ich erlebe so viele Einzelkämpfer. Und man kann im Miteinander so viele tolle Sachen mit Pferden erleben. Das heißt, wenn Familien zu uns kommen, die haben ein Pferd. dann ist oftmals einer alleine überfordert, dieses Pferd zu betreuen. Das ist zu viel für ihn. Und wenn die sich dann gegenseitig ergänzen, manchmal ist es nur der Mann, der so ein bisschen zu Hause den, ja, denjenigen macht, der mal den Stall sauber macht und die Weide pflegt und solche Dinge tut und seine Frau brav dann zum Turnier fährt und solche Dinge, der sich aber interessiert dafür, was sie macht. Und dass wir da sehen, die Familien zusammenzubringen. Und dass man in der Gemeinschaft so viel mehr miteinander schaffen kann. Dieses Motto eben… Wie sagt man dazu jetzt? Geteilte Freude ist doppelte Freude und geteiltes Leid ist halbes Leid. Und das bewahrheitet sich so unendlich. Und Menschen miteinander zu versöhnen, auch am Pferd und über das Pferd.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Das Pferd ist ja großartig dafür.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Es ist ein wunderbares Medium für solche Dinge. Und das ist zum Beispiel eines meiner Inhalte. Oder einer meiner Inhalte.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Also mehr Zusammenhalt, mehr… Ja, mehr Miteinander. mehr miteinander. Gibt es einen Menschen, der dich persönlich, vielleicht auch reiterlich und im Umgang mit den Pferden, besonders geprägt hat?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, natürlich viele. Wenn wir jetzt offiziell das machen, meine ehemalige Mitarbeiterin, die leider gestorben ist, hat aber nichts mit Pferden zu tun gehabt. Sie ist wirklich krank gewesen. Ich bin bei Paul Stecken gewesen und sie ist unabhängig von mir, ich habe sie dann später dahin geschickt, sie ist da gewesen. Und wir haben uns immer wieder da getroffen. Also er hat schon viel geprägt bei mir. Und dann gibt es natürlich jede Menge von unseren Gästen. Also ich habe einen älteren Herrn, der 76 war und vom Arzt das Reiten verboten bekommen hatte, sich seit 40 Jahren wünschte, mal auf dem Pferd zu sitzen und zu reiten, es aber nie realisieren konnte. Und der ist zu mir gekommen, um das bei mir zu versuchen und dessen Art mit diesen Dingen umzugehen. Selbstdisziplin, die der hatte und diese innere Einstellung, die der hatte, hat mich zutiefst beeindruckt. Der hat unter unglücklichsten Umständen bei mir angefangen und das war so einer, wo ich zunächst mal gesagt hatte, ich möchte die Verantwortung nicht übernehmen. Das scheint mir so schwierig und so unglücklich vom Ansatz her, dass ich immer Sorge hatte, dem passiert mal was. Weil er, wie gesagt, gesundheitlich eigentlich angeschlagen war. Und ich hab’s eigentlich erst ablehnen wollen, aber ich kann immer schlecht Nein sagen. Und dann hat er auch gleich noch zum Anfang, zum Unterricht, hat er ein Pferd mitgebracht, ein fünfjähriges Pferd, was überhaupt nicht ausgebildet war, was er von Freunden zur Verfügung gestellt hat. Unglücklicher konnte die Konstellation nicht sein. Er war klein und zierlich, das Pferd war doppelt so groß wie er und entsprechend polterig und so weiter, dass wir gedacht haben, das wird nie was werden. Und ich habe dann vorsichtig versucht, ihm nahezulegen, Vielleicht, weil er der Vermögend war durchaus in der Lage, weil er hätte sich jedes Pferd kaufen können. Ob er sich nicht ein Pferd anschaffen wollte, wenn er schon als Anfänger gleich mit eigenem Pferd kommt. Ob er sich denn nicht lieber ein bisschen ein Pferd schaffen würde, was ihm mehr entgegenkommt. Angefangen von der Größe, vom Ausbildungsstand und so weiter und so fort. Und in dem Moment, wo ich das vorsichtig angedeutet habe, guckt er mich an, wie wir das beschrieben haben, da ging so ein Rollladen vor seinem Gesicht runter und sagt, halt, stopp, diese Ehe ist geschlossen. Und das hat mich unglaublich beeindruckt, weil ich fand diese Konstellation so schwierig, aber er hat nie gehadert, nie. Weder mit sich, noch mit seinem Pferd, noch mit mir, noch mit niemand, sondern er hat immer 100 Prozent alles umgesetzt. War der Traumschüler schlechthin. Und wir haben uns dann später getrennt. Nach fünf Jahren ist er so selbstständig gewesen, dass er mit seinem Pferd autonom umgehen konnte. Er konnte ins Gelände reiten, er konnte in Gruppen reiten, er konnte kleine Sprünge machen. Und er war inzwischen dann ja … über 70 und dann haben wir uns getrennt, weil wir hier im Schulbetrieb sind und er wollte eben nur noch ausreiten mit diesem Pferd und ist 20 Jahre später hier auf den Hof gekommen. und steigt aus dem Auto raus. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, ihn zu sehen. Und er sagt, ich bin gekommen, um mich für 20 Jahre wunderbaren Reiten zu bedanken. Das war zum Beispiel so jemand, der durch seine innere Haltung, seine Gratlinigkeit, seine Treue zu den Dingen mich kolossal beeindruckt und auch mitgeprägt hat, weil ich dachte, das ist ein echter Wert in sich. Zu sagen, diese Ehe ist geschlossen mit einem Pferd, was einem wirklich das nicht leicht gemacht hat zu anfangen. Das ist so ein Beispiel.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Großartig. Wenn du Reitern oder Pferdemenschen dieser Welt eine Sache im Umgang mit Pferden ans Herz legen könntest oder auf den Weg mitgeben könntest, was wäre es?</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Etwas, was mir lange Zeit nicht bewusst war, es geht ja immer um Lebensqualität, und das ist zugegebenerweise heute Nacht entstanden, dieses Gefühl der Dankbarkeit, dass man mit so einem Tier umgehen darf. Es zu mögen und es so zu nehmen und sich zu freuen, dass es das gibt, dass es so ist, wie es ist. Und das habe ich durch einen kleinen Film mit einer Amerikanerin, die mit Pferden experimentiert und eine solche Fröhlichkeit ausstrahlt in ihrer Art der Arbeit. So kontinuierlich, immer nur strahlt, egal was das Pferd macht, sie immer in dieser inneren ganz zugewandten Art alles dort erlebt. Und da fiel mir dieses Wort der Dankbarkeit ein, die wirkte so, dass sie sich, wenn sie sich mit dem Pferd beschäftigt, dankbar war, dass sie das tun durfte. Und das ist etwas, was mir noch nicht immer gelingt, aber jeden Tag besser. Und das ist ein anderes Wort für Zufriedenheit oder Glück oder wie auch immer man das nennen mag.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Okay. Und zum Schluss vervollständige bitte diesen Satz für mich. Pferde sind für mich.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Wunderbar.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Ein großartiger Schlusssatz, ein großartiges Schlusswort. Ich glaube, wir können allen nur ans Herz legen, einmal hier vorbeizuschauen bei Familie Marlie in Scharbeutz, gar nicht weit von Lübeck entfernt, die Ostsee vor der Tür. Reiterpension hier im Herzen Schleswig-Holsteins bei echten Pferdeleuten. Danke dir, Wolfgang Marlie.</p>
<p>[SPEAKER 2]<br>
Ja, hat mir viel Spaß gemacht. Ich danke dir.</p>
<p>[SPEAKER 1]<br>
Kurz noch zum Schluss, für alle, die immer davon geträumt haben, bei einem digitalen Unternehmen in der Pferdewelt zu arbeiten. Wir haben ein Karriereportal, seit neuestem career.wehorse.com. Dort findet ihr die aktuellen Ausschreibungen, eine Teamvorstellung, Gründe, warum es cool ist, bei uns zu arbeiten, vieles, vieles mehr. Initiativbewerbungen sind immer bei uns willkommen. Schickt sie einfach unter der dort angegebenen E-Mail-Adresse mit einem kurzen Lebenslauf, einfach den wichtigsten Rahmendaten und in welchem Bereich ihr gerne arbeiten möchtet. Wir schauen uns alles an. Nächste Woche gibt es den nächsten Podcast. Bis dann!</p>