#Pferdesport3000 Folge 5: Jan Schulze Niehues über den Faktor Individualität im Reitschulbetrieb der Zukunft
Wie schafft man es, seinen Reitschulbetrieb auf steigende Kosten, veränderte Motivationen und von Hause aus weniger tierverbundenen Kunden anzupassen und weiterzuentwickeln? Der Hof Schulze Niehues in Westfalen ist ein tolles Beispiel dafür. Rund 45 Lehrpferde bedienen ganz unterschiedliche Interessen der Reitschüler, die von Kleinkindalter bis zum Reitanfänger oder Wiedereinsteiger mittleren Alters Kunde bei Jan Andre Schulze Niehues und seinem Familienbetrieb sind.
In dieser Podcastfolge geht es um den Vergleich von Reiterferien früher und heute und was der Ansporn für die Gäste ist, wenn sie zu Reiterferien auf den Hof kommen, warum die Vierbeiner auf dem Hof Lehrpferde statt Schulpferde heißen und wieso es für die Wertschätzung des Pferdes keine Zwei-Klassen-Gesellschaft auf dem Hof geben darf. Jan Andre Schulze Niehues berichtet außerdem davon, wie Reitschulen sich für die Zukunft aufstellen können und wieso es gesamtgesellschaftlich gesehen so wertvoll ist, schon früh – wenigstens zeitweise – die Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Folge 5 dieser Miniserie ist die vorerst letzte Episode der Pferdesport3000-Reihe gemeinsam mit der Initiative #EqualEquest.
[https://www.schulze-niehues.de/](https://www.schulze-niehues.de/)
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
[SPEAKER 1]
[00:00:01-00:00:08]
Heute zu Gast der Betriebsleiter einer der renommiertesten Reitschulen in Deutschland, Jan-André Schulze-Niehues.
[SPEAKER 2]
[00:00:12-00:00:40]
sehen, wie viele Kinder hier zu uns auf den Betrieb kommen und das erste Mal ein Pferd sehen und auch eigentlich das erste Mal vielleicht in den Wald gehen. Und so erschreckend das ist, umso schöner finde ich eigentlich, da was mitzugeben, was bedeutet es, auch als Kind, die Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass das auch was ist, was die gesellschaftliche Akzeptanz auf Dauer wieder fördern wird. Herzlich willkommen beim WeHorse Podcast mit Christian Kröber.
[SPEAKER 1]
[00:00:41-00:01:02]
Was bedeutet es eigentlich heutzutage, eine erfolgreiche Reitschule zu führen? Welche Bausteine braucht es, um auch im Jahre 2024 fortfolgende in diesem Bereich erfolgreich zu sein? Was hat sich verändert? Etc. pp. Diesen ganzen Fragen widmen wir uns mit wahrscheinlich, liebe Friederike, einer der renommiertesten Adressen, die es dafür in Deutschland gibt.
[SPEAKER 3]
[00:01:04-00:01:24]
Genau, du sagst es, die Reitschule Schulze-Nihus ist eine Institution im Münsterland. Daher freuen wir uns heute auch sehr mit Jan Schulze-Niehues, einen erfolgreichen Springreiter, Ausbilder, Träger des goldenen Reitabzeichens, Agrarwissenschaftler und den Leiter dieser Reitschule bei uns im Podcast zu Besuch zu haben.
[SPEAKER 1]
[00:01:24-00:01:31]
Und liebe Frederice, leider leider schon die letzte Folge unserer wunderbaren Miniserie Pferdesport 3000.
[SPEAKER 3]
[00:01:32-00:01:37]
Ja, super, schade Christian, aber heute ist nicht das Ende aller Tage.
[SPEAKER 1]
[00:01:37-00:01:47]
Wunderbar, danach kann eigentlich nichts mehr kommen, außer jetzt der Podcast. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, liebe Frederice, die letzten vier, fünf Folgen gemeinsam und ich würde sagen, wir steigen rein, oder?
[SPEAKER 3]
[00:01:47-00:01:50]
Super, lass uns starten.
[SPEAKER 1]
[00:01:50-00:01:52]
Hallo bei uns im Podcast, Jan Schulze-Niehues.
[SPEAKER 2]
[00:01:54-00:01:54]
Schönen guten Tag.
[SPEAKER 1]
[00:01:55-00:02:21]
Schön, dass du da bist. Wir wollen mit dir sprechen, was Reitschulen heute erfolgreich macht, was Reitschulen in der Zukunft erfolgreich machen kann. Bevor wir da in diesen ganzen riesigen Themenkomplex eintauchen, lieber Jan, gibt es für euch was zu feiern, denn eure Reitschule hat inzwischen jetzt auch einen Olympiasieger herausgebracht, nämlich den Einzel-Olympiasieger im Springreiten, Christian Kukuk, der bei euch das Reiten gelernt hat. Wie groß war die Feier, Jan?
[SPEAKER 2]
[00:02:23-00:03:53]
Ja, zunächst einmal vielen Dank für eure Einladung. Es freut mich auf jeden Fall sehr, heute bei euch zu sein. Und um mit der tagesaktuellen Thematik anzufangen mit dem Olympiasieger, ich glaube, das war für uns ein Riesenerlebnis. Ich persönlich kenne ihn von den ersten Kindheitstagen an, ist hier früher bei uns im Betrieb ein- und ausgegangen. Wir haben mit der ganzen Familie und, um ehrlich zu sein, eigentlich der ganze Betrieb vor unterschiedlichsten Fernsehern gehangen, mitgefiebert und haben uns einfach wahnsinnig gefreut. mehr als verdient, wer so ein bisschen seinen Weg verfolgt hat, wie er da hingekommen ist, was er alles dafür geleistet hat und auch was für einen Verzicht er auch an der einen oder anderen Stelle dafür hinnehmen musste, glaube ich, das ist aller Ehren wert. Und umso größer war natürlich dann die Freude, dass er jetzt an diesem erstaunlichen Ziel angekommen ist. Und ich glaube, er hat es eigentlich schon sehr gut formuliert und ausgedrückt. Es ist nur sehr, sehr wenigen Leuten vergönnt, eine Einzelmedaille im Springreiten zu gewinnen und ich glaube, das ist was ganz Besonderes und deswegen freut es mich auch so, dass die mediale Aufmerksamkeit im Moment so auf ihn gerichtet ist und die Wertschätzung an allen Enden auch so da ist. Und ich glaube, das konnten wir in Deutschland auch mal dringend wieder gebrauchen für den Reitsport. Die anderen Disziplinen haben auch, glaube ich, ideale Werbung für den Reitsport betrieben bei der Olympiade. Und von daher, glaube ich, spreche ich da für den gesamten Reitsport, wenn ich sage, viel besser hätten wir uns auf den Olympischen Spielen aus deutscher Sicht nicht verkaufen können.
[SPEAKER 1]
[00:03:54-00:04:13]
Wir wollen über dich, deine Familie, euren Betrieb sprechen. Ihr betreibt eine große Reitschule in der Nähe Warendorfs. Viele, die in der Szene sind, kennen euch, aber für all diejenigen, die euch noch nicht kennen, gib uns mal einen Überblick. Was ist die Reitschule Schulze-Niehues? Was sind die Dimensionen? Was für einen Betrieb betreibt ihr?
[SPEAKER 2]
[00:04:15-00:06:24]
Also was ist die Reitschule Schulze-Niehues? Die Reitschule oder die Fachschule Schulze-Niehues ist ein gewachsener Betrieb Mitte der 60er Jahre hat meine Großmutter damals angefangen, den normalen bäuerlichen Betrieb umzugestalten. Zunächst Reiten und vor allem Ferien auf dem Bauernhof. Das hat dann mein Vater seit Anfang der 80er Jahre weiterentwickelt zu einer Fachschule. Mittlerweile haben wir ein Team von 20 bis 25 Mitarbeitern. Unser Betrieb setzt sich mittlerweile aus drei Bereiche zusammen. Das ist einmal die Fachschule selber, wo auch ein Hotelbetrieb angegliedert ist, was vielleicht, sage ich mal, gerade bei uns das größte Alleinstellungsmerkmal bildet, dass alle Lehrgangsteilnehmer, die zu uns kommen, auch bei uns wohnen. Das heißt, es ist so ein Komplettpaket. Um gar nicht zu weit auszuholen, wir beherbergen in den Lehrgängen für Kinder und Jugendliche, also in den Ferien um die 60 Kinder und Jugendliche, die in Vollpensionen dann bei uns untergebracht sind. Und das tägliche Training sieht eigentlich so aus, dass es zwei praktische Einheiten beinhaltet und eine theoretische Einheit. Plus noch unterschiedliche Themenfelder, die neben dem Reiten erarbeitet werden. Gerade im Abendbereich externe Speaker oder auch Gemeinschaftsdinge, die erlebt werden, wie eine Waldschule etc. Und bei den Erwachsenen läuft es etwas anders ab. Das sind jeweils Wochenlehrgänge, wo 20 bis 30 Erwachsene bei uns sind. Die sind in Halbpensionen bei uns untergebracht. Und vielleicht da eigentlich so das Spannendste oder was auch eins unserer Alleinstellungsmerkmale in beiden Lehrgangsformen ist, dass wir in jedem Lehrgang sowohl vom Neu- und Wiedereinsteiger bis hin zum wirklich erfahrenen Reiter bis hin zur Klasse M alles in einem Lehrgang haben und auch alles abdecken können, sowohl mit eigenen Pferden, die die Lehrgangsteilnehmer mitbringen können. Da haben wir immer so um die 40 Boxen, die wir vorhalten. Und darüber hinaus bietet der Betrieb 40 Lehrpferde und Ponys ab, manchmal auch 45, die wir den Lehrgangsteilnehmern zur Verfügung stellen.
[SPEAKER 1]
[00:06:24-00:06:35]
Also Jan, ein sehr breites Produktportfolio, ein sehr breites Angebot, was ihr für potentielle Reitschüler, Leute, die eine Reitferien machen wollen oder sich weiterbilden möchten, anbietet.
[SPEAKER 2]
[00:06:37-00:07:27]
Genau, das ist für uns auch ganz wichtig, dass wir jeden dort abholen, wo er sich befindet und bei uns keiner mehr in den Fokus gestellt wird als der andere. Und da spielt es auch keine Rolle, ob der Gast mehr Interesse hat wirklich an dem klassischen Reiten, was bei uns zwar den Hauptfokus hat, aber wir holen genauso die Leute ab, die sich mit dem Pferd rein beschäftigen wollen, sei es Bodenarbeit etc. oder vielleicht die Longearbeit in den Mittelpunkt stellen. Also da wird wirklich bei uns jeder... für voll genommen und ich glaube, das macht uns vielleicht auch ein bisschen aus und deswegen kommen die Leute gerne zu uns, weil sie wissen, da werden wir nicht belächelt, sondern da werde ich da abgeholt, wo ich mich befinde und da kann ich meinen Interessen nachgehen und werde auch in meinem Bereich gut gefördert.
[SPEAKER 3]
[00:07:27-00:07:59]
Das ist super spannend. Du deutest ja schon an, was eure Reitschule von anderen vielleicht etwas unterscheidet und erfolgreich macht. Da würden wir ganz gerne noch mal Weiter einsteigen. Was ist euer Erfolgsrezept, wenn man mit Feriengästen, wir haben natürlich schön recherchiert, sprich die gerne bei euch sind und auch wiederholt bei euch sind, dann wird immer eingangs über diese unglaublich gepflegte Anlage gesprochen, besonders über euren Rasen. Ist das auch ein Teil eures Erfolges?
[SPEAKER 2]
[00:08:01-00:08:35]
Also für uns ist es erstmal ganz wichtig, das Thema Ordnung und Sauberkeit. Und das ist auch eines der Themen, die wir vor allen Dingen natürlich den jungen Menschen vermitteln. Und wenn man Dinge vermitteln möchte, muss man sie auch vorleben. Und das fängt dann natürlich mit dem gepflegten Garten oder vor allen Dingen mit dem gepflegten Rasen an. Ich glaube, da geht auch ein Riesendank an meine Mutter, die da wirklich seit Jahren alles für gibt, ihr Heiligtum. der Garten und ab und zu dürfen wir uns dann mal ein bisschen beim Rasenschneiden betätigen, aber auch alles unter strengster Anleitung.
[SPEAKER 3]
[00:08:35-00:08:50]
Sehr schön, aber das alleine wird es ja nicht sein. Also du hast eben angedeutet, es geht euch vor allen Dingen darum, jeden Schüler da, wo er ist und auch da, wo seine Bedürfnisse liegen, abzuholen. Ist das wirklich das größte Unterscheidungsmerkmal von euch?
[SPEAKER 2]
[00:08:52-00:09:60]
Ob es jetzt an sich das Größte ist, weiß ich nicht, aber ich glaube, es ist ein ganz wichtiges, um vielleicht da direkt mal einzusteigen. Die Ansprüche und die Bedürfnisse der Kunden haben sich in den letzten 10 bis 15 Jahren unheimlich verändert. Früher hatten wir ganz klar das Leistungsmotiv, was für die Lehrgangsteilnehmer, die zu uns gekommen sind, im Vordergrund stand. Mittlerweile sprechen wir da ganz gerne von einer ganz klassischen Motivverschiebung, die stattgefunden hat. was besonders bei den Erwachsenen gerade dabei neu und wieder einsteigern zu sehen ist, dass eben dieses turniersportliche Leistungsmotiv, welches früher mehr im Fokus stand, jetzt doch eher in den Hintergrund gerückt ist. Was steht mittlerweile mehr im Vordergrund? Das ist der Ausgleich zum häufig stressigen Alltag. Und da bietet natürlich das Pferd Entspannung, Emotionalität mit einem Tier und das Ganze in der Natur ideale Bedingungen, um da wirklich mal einen Ausstieg aus dem Alltag zu finden. Und ich glaube, dass das ein Thema ist, den wir uns früh angenommen haben, ohne dabei den roten Faden der klassischen Reitausbildung zu verlieren.
[SPEAKER 1]
[00:10:00-00:10:19]
Und was bedeutet das dann ganz konkret in der Umsetzung? Wenn jetzt weniger auf Turniere geschaut wird, wo man einen ganz klaren Fahrplan hat, jemand kommt und reitet vielleicht auf E-Niveau, dann ist vielleicht das Ziel, ich reite nächstes Jahr eine Adressur. Wenn das nicht mehr da ist, was bedeutet das ganz konkret in der täglichen Arbeit? Wie hat sich das verändert?
[SPEAKER 2]
[00:10:20-00:11:39]
Das kann man eigentlich relativ einfach zusammenfassen. Es ist alles sehr, sehr individuell geworden. Der Punkt Individualität, wenn man den als Betrieb bieten kann, glaube ich, ist man schon sehr weit vorne. Aber so einfach wie das klingt, wissen wir auch, alle Individualität geht auch immer mit einer erhöhten Anzahl von Mitarbeitern und Personen einher, die diese Individualität im Betrieb umsetzen. Und du hattest es schon angesprochen, gerade wegzumachen. Von diesem klassischen zweimal Reiten, wie es bei uns immer stattgefunden hat, hin zu anderen Beschäftigungen mit dem Pferd. Sei es die Bodenarbeit, was ein immer größeres Thema wird. Wir haben mittlerweile einen eigenen Platz, wo die Leute sich auch selbstständig außerhalb der Unterrichtseinheiten selbstständig mit dem Pferd beschäftigen können und auch sollen. Das ist auch ganz bewusst gewollt. Und darüber hinaus sei es Longenarbeit oder wirklich alles, was man sich so vorstellen kann rund ums eigentliche Reiten. Und ich glaube, dass diese Bandbreite immer größer geworden ist und auch immer größer wird. Und ich glaube, dem muss man sich stellen als Dienstleistungsbetrieb. Und das versuchen wir immer wieder zu tun. Aber ganz bewusst, das möchte ich an dieser Stelle auch nochmal sagen, immer mit dem Leitfaden, dass die klassische Reitausbildung, die sich auch in der Bodenarbeit natürlich stark wiederfindet, immer im Vordergrund steht.
[SPEAKER 1]
[00:11:41-00:12:00]
Und was bedeutet das ganz konkret in der Strukturierung eures Betriebs? Also du hast gesagt, ihr habt jetzt einen Platz, wo auch Bodenarbeit gemacht werden kann. Was bedeutet das jetzt für den einzelnen Reitlehrer oder Reitlehrerin, die vorher eher Richtung Turnier trainiert hat und jetzt ja eigentlich einen ganz anderen Anforderungskatalog vor sich sieht?
[SPEAKER 2]
[00:12:02-00:12:39]
Genau, da kann man aber wiederum sagen, werden natürlich auch immer wieder neue Möglichkeiten geschaffen und wir haben einige Mitarbeiter im Betrieb, die sich diesen Themenfeldern wirklich angenommen und sich dort spezialisiert haben und sich selber mittlerweile dort auch wirklich wiederfinden und da auch sehr viel Spaß dran haben. Und wir alle wissen, wenn man Dinge gut vermitteln möchte, dann muss man da auch selber starkes Interesse für haben. Und von daher muss ich sagen, es ist nicht einfach, geeignete Leute zu finden. Aber auf der anderen Seite kann man damit natürlich auch den Mitarbeitern gewisse Freiheiten geben, Dinge selbstständig zu erarbeiten und sich selber vorzubilden.
[SPEAKER 3]
[00:12:40-00:13:19]
Das ist spannend, weil du einmal die Bedürfnisse jetzt vor allen Dingen der Wiedereinsteiger und Erwachsenen, die anfangen, angesprochen hast. Das können wir auch so im Reihen der Reitsportszene beobachten. Aber ihr deckt ja noch darüber hinaus viel mehr ab. Ich habe gelesen, es gibt eine Kita, ich meine aus Wuppertal, die tatsächlich... seit mehr als 40 Jahren mit ihrem Abschlussjahrgang zu euch kommt. Also wir sprechen über, was heißt Abschlussjahre einer Kita? Ich glaube, da sprechen wir über fünf Jahre.
[SPEAKER 1]
[00:13:19-00:13:19]
Also kurz vorm Abi.
[SPEAKER 3]
[00:13:19-00:13:31]
Genau. Das ist natürlich auch anspruchsvoll in der Betreuung. Wie macht ihr das dann im Vergleich mit diesen Kindern und was gebt ihr denen mit?
[SPEAKER 2]
[00:13:31-00:16:22]
Gut, da ist natürlich das Konzept dann ganz anders. Da reisen sie dann natürlich mit ihren Klassenlehrern und anderen Betreuern an. In unseren normalen Lehrgängen für Kinder und Jugendliche reisen sie ja alleine, also alles allein reisende Kinder ohne ihre Eltern. In dem Fall der Kita jetzt ist es so, das ist über Jahre gewachsen. Das ist mittlerweile nicht mehr so ein großes Standbein von uns, was auch Corona geschuldet ist. Diese ganzen Schulfreizeiten waren vorher ein viel größeres Thema hier. Durch Corona hat da eine gewisse Umstrukturierung zwangshalber stattgefunden. Aber wir haben durchaus noch einige Schulen, die weiterhin zu uns kommen, mit denen wir lange kooperieren. Da ist es so, dass wir uns um die reiterliche Ausbildung kümmern. Aber auch da muss man sagen, sind es häufig Lehrkräfte, die selber natürlich sehr engagiert und irgendwo eine gewisse Affinität zum Pferd haben. Weil sonst würde das nicht so gefördert werden. Weil, das kann ich auch sagen, hat sich auch verändert. Wenn früher eine Lehrkraft ausgereicht hat, sage ich mal, für eine ganze Schulklasse, sind das doch mittlerweile deutlich mehr Betreuungspersonen, die da benötigt werden, beziehungsweise was so vorgegeben ist. Aber ich glaube, viel wichtiger, und ich glaube, das ist auch an dieser Stelle sehr wichtig zu erwähnen, was hat das Ganze für einen Mehrwert? Warum macht diese Kita das so lange? Und ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiges Thema, das Thema Verantwortung. Und ich glaube, Verantwortung fängt in Maße auch schon damit an, dass man Kinder damit konfrontiert, Und das beginnt für uns damit, dass sie sich spielerisch mit den Tieren beschäftigen und wirklich mit dem Tier dann auch Zeit verbringen und um das Tier kümmern. Jetzt ist es so, dass früher die Kinder, wenn ich früher sage, hört sich das immer ein bisschen blöd an, weil ich jetzt selber noch nicht so alt bin, aber ich glaube, ihr könnt gut nachvollziehen, was ich meine, dass viele Kinder zu Hause häufig schon Kontakt zum Tier oder zur Natur gehabt haben. Und tatsächlich ist es mittlerweile erschreckend zu sehen, wie viele Kinder hier zu uns auf den Betrieb kommen und das erste Mal ein Pferd sehen und auch eigentlich das erste Mal vielleicht in den Wald gehen und überhaupt eigentlich so in Anführungsstrichen in der Natur sind. Und so erschreckend das ist, umso schöner finde ich eigentlich, dass die Lehrer noch den Anspruch haben, wirklich den Kindern da was mitzugeben und auch einfach mal zu vermitteln, drei Tage oder fünf Tage, was bedeutet es, auch als Kind, die Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Und ich glaube, dass das generell was ist, wo wir wirklich dankbar sein können, dass wir im Reitsport dieses Thema haben und dass wir das an die Kinder vermitteln können. Und ich Ich bin der festen Überzeugung, dass das auch etwas ist, was die gesellschaftliche Akzeptanz auf Dauer wieder fördern wird und was sie uns aber auch erhält in so schwierigen Phasen, wo wir uns gerade medial befinden.
[SPEAKER 3]
[00:16:22-00:16:28]
Gibt es da Erlebnisse mit den Kindern, die dir oder deinen Eltern besonders nahegegangen sind?
[SPEAKER 2]
[00:16:30-00:18:25]
Also wir erleben natürlich viele spannende natürlich immer so gewisse Dinge im Kopf, die man auch selber als junger Mensch erlebt hat hier im Betrieb. Für mich war es immer so interessant zu sehen als junger Mensch, wenn Leute mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen was mit dem Pferd gemacht haben und wie sich die Leute verändert haben in der Zeit. Wir haben einen Gast, den kann ich hier ganz offen erwähnen, der ist über mit Down-Syndrom und er ist über 30, 35 Jahre zu uns gekommen. Mit dem bin ich eigentlich groß geworden. Der war mit Sicherheit insgesamt sechs Wochen im Jahr bei uns, über die Ferien verteilt. Und der hatte jetzt auch nicht die höchste Lebenserwartung, ist mittlerweile fast 50 Jahre alt und kommt mittlerweile immer noch ab und zu zu uns. Und das war damals ein Riesenthema, als der damals sein großes Sufeisen gemacht hat. Als der angefangen hat, wirklich gar keinen Kontakt zum Pferd und hat es wirklich geschafft, dann mit schweren Einschränkungen diese Prüfung zu belegen, die er dann auch mehrfach wiederholt hat, einfach weil es ihm so viel Spaß gemacht hat, sich auch dieser Wettbewerbssituation zu stellen. Und jetzt im Nachgang nimmt man das natürlich ganz anders wahr als damals als Kind oder Jugendlicher. Aber das hat mich schon immer irgendwie beeindruckt, wenn man so gesehen hat, wie sich die Leute weiterentwickelt haben in Kombination und in Kontakt mit dem Tier. Das erleben wir natürlich auf der einen Seite bei solchen Menschen, aber auch bei Kindern, wie eben schon angesprochen, die vorher gar keinen Kontakt zum Tier hatten, wie die auf einmal dann aufgehen, wenn sie wirklich mal so Zeit mit dem Tier verbringen dürfen. Und ich finde, das ist ganz spannend. Auf der anderen Seite, glaube ich, ist es dann auch immer wieder was, dass man sich auch mal wieder ins Bewusstsein rufen muss, wie privilegiert man vielleicht war und auch ist, dass man mit Tieren groß geworden ist und auch weiterhin mit Tieren arbeiten darf.
[SPEAKER 1]
[00:18:26-00:19:31]
Für viele Reitschulen und wir wollen ja auch hier dem einen oder anderen, der vielleicht eine Reitschule betreibt oder der mit dem Gedanken spielt, vielleicht eine Reitschule aufzumachen, hier und da ja auch ein paar Learnings, wie man so schön sagt, mitgeben. Und wenn ich jetzt schaue, meine Schwester betreibt eine Reitschule in der Nähe Osnabrücks auf unserem heimatlichen Hof und da ist so der klassische Weg wie ein Reitschüler kommt ist eigentlich über das Alter. Ab einem gewissen Alter kommen die einfach in die Reitschule und dann durchlaufen die da so immer die unterschiedlichen Level, die es da so gibt und dann irgendwann entweder reiten sie weiter, die meisten hören dann auf. Ist das, was du eben beschrieben hast, dadurch, dass jetzt auch Wiedereinsteiger, ältere Leute zu euch kommen... Ist das eigentlich nicht mehr so, dass der Nachwuchs oder beziehungsweise jetzt aus deiner Sicht, unternehmerisch gesprochen, die neuen Kunden rein daraus kommen, dass Kinder zu euch kommen, die anfangen zu reiten und hat sich das sehr, sehr fundamental für euch einfach geändert?
[SPEAKER 2]
[00:19:32-00:21:25]
Nein, das kann man so nicht sagen. Wir haben weiterhin die beiden großen Bausteine, sowohl Kinder und Jugendliche als auch den stark wachsenden Bereich der Neu- und Wiedereinsteiger im gehobenen Alter. Trotzdem ist der Bereich Kinder und Jugendliche weiterhin sehr stark gegeben. Die Nachfrage ist da, das sagtest du ja auch schon anfangs, dass man das eigentlich überall wahrnimmt. Nur Wir müssen natürlich irgendwo anfangen, dann zu differenzieren. Einstieg in den Reitsport ist das eine, aber auch im Reitsport bleiben und in welche Richtung entwickle ich mich. Und dadurch, dass wir mittlerweile eine so große Vielschichtigkeit haben, glaube ich, muss man da sehr vorsichtig sein, wie man das betrachtet. Wir sehen auf der einen Seite die Zahl, die immer weiter zurückgeht, der aktiven Turnierreiter. Aber wenn man sich mal die Zahlen der Leute anguckt, die sich mit dem Pferd beschäftigen, das ist eine Zahl, die nicht unbedingt kleiner wird. Und ich glaube, Auch da, das war ja auch eben schon einmal Teil unseres Gesprächs, ist es wichtig, wenn wir jetzt im Bereich gehen, was kann man da vielleicht auch anderen Betrieben raten, dass man da wirklich guckt, dass man seinen Leitfaden immer beibehält. Das ist bei uns ganz klar die Ausbildung anhand der klassischen Reitlehre, aber trotzdem über den Tellerrand hinausschaut und auf die Kundenbedürfnisse eingeht. Und ich glaube, das ist wie in allen Dienstleistungsbereichen auch, Man muss auf die Kundenbedürfnisse eingehen, aber man darf auch selber den eigenen roten Faden nicht verlieren. Und man muss sich auch irgendwo selber treu bleiben. Und jeder hat ja auch als Ausbilder einen Anspruch an sich selber. Und ich glaube, dass man da eine ganz gute Symbiose finden kann. Und da ist natürlich auch jeder so ein bisschen unterschiedlich gestrickt. Aber da wird man, oder das ist zumindest unsere Erfahrung, haben wir einen ganz guten Kompromiss finden können bis jetzt.
[SPEAKER 1]
[00:21:26-00:21:47]
Wir sprechen ja jetzt im August 2024. Jetzt ist gerade bei euch High Season, Hauptsaison, nämlich die Sommerferien sind in fast allen Bundesländern gerade. Wie sieht denn bei euch der Normalbetrieb aus? Wie viel Prozent der Reitschülerinnen und Schüler kommen denn auch aus der Region zu euch und nicht nur, um bei euch mit Halbpension eine Woche zu verbringen?
[SPEAKER 2]
[00:21:48-00:23:10]
Also jetzt gerade ist das so wirklich, wie du schon sagtest, so unser Primetime hier in den Sommerferien, die heißeste und anstrengendste Zeit eigentlich. Da haben wir zehn Wochen am Stück Sommerferien, immer um die 60 bis 65 Kinder und Jugendliche. In dem mittleren Block, sage ich mal, wo wir gerne so drüber sprechen, in den NRW-Ferien, da wir ja auch in NRW sind, kann man schon sagen, dass um die 80 Prozent bis 90 Prozent der Kinder wirklich hier aus NRW kommen. Darüber hinaus dann ganz stark bei uns schon seit Jahrzehnten sind die Wochen nach den NRW-Ferien die süddeutschen Bundesländer. Und je nachdem, wie die Sommerferien gelegen sind, auch natürlich Kinder aus dem ganzen Bundesgebiet. Was für uns ein immer größer werdendes Thema ist, sind auch die internationalen Gäste, sowohl aus dem europäischen Ausland als auch aus der gesamten Region Amerika, China, also Südamerika. Das ist auch traditionell gewachsen. Wir haben immer schon mal Gäste gehabt, auch wirklich aus überregionalen Ländern, aus dem europäischen Ausland. Aber mittlerweile erleben wir es doch wirklich, dass ganze Gruppen von fünf bis zehn Leuten oder sogar mehr geschlossen zu uns kommen und ein bis zwei Wochen hier bei uns in der Einrichtung verbringen.
[SPEAKER 3]
[00:23:11-00:23:16]
Ich nehme an, die kommen ohne Pferde, die meisten.
[SPEAKER 2]
[00:23:16-00:23:17]
Tatsächlich ja.
[SPEAKER 3]
[00:23:18-00:23:49]
Aus Südamerika oder aus China kommen. Da würden wir nämlich auch nochmal ganz gern mit dir drüber sprechen. Wir denken wahrscheinlich, sind die Leerpferde auch unglaublich wichtig und auch einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren bei euch. Und dein Vater hat mal gesagt, die Leerpferde sind unser Qualitätssiegel. Wie lebt ihr das? Wie zeigt sich das? Und wie viele Leerpferde gibt es derzeit bei euch auf dem Hof oder Ponys?
[SPEAKER 2]
[00:23:50-00:27:08]
Also wir haben immer um die 40 bis 45 Leerpferde und Ponys. Das ist eine sehr hohe Anzahl. Das ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass wir ein sehr weites Portfolio an Reitern in den jeweiligen Wochen ja auch abdecken müssen in allen Disziplinen. Von daher die Zahl der Leerfälle und Ponys da recht hoch. Dann fragtest du ja gerade, wie leben wir das hier im Alltag? Und da sage ich immer ganz gerne, dass das schon bei so kleinen Dingen wie der Wortwahl eigentlich anfängt. Ich glaube, wir alle kennen den Begriff Schulpferd. Das hören viele nicht gerne, aber eigentlich wissen wir es alle, der ist doch irgendwo immer recht negativ behaftet. Und deswegen haben wir schon vor Jahrzehnten angefangen zu sagen, für uns sind es die wichtigsten Mitarbeiter und bei uns sind es die Lehrpferde und eben nicht die Schulpferde. Das sind Kleinigkeiten, die für uns aber einen hohen Stellenwert haben und das versuchen wir auch den Kunden zu vermitteln. Dann darüber hinaus ist es eigentlich unser Ziel, dass wir versuchen, den Leuten temporär ein eigenes Pferd an die Hand zu geben. Und dazu gehört dann natürlich auch nicht nur das eigentliche Reiten, sondern dazu gehört natürlich auch viel mehr und auch dann wirklich die Verantwortung und das Kümmern um dieses Tier während des gesamten Aufenthalts. Und ich glaube, das sind alles so kleine Bausteine, die sich so zusammenfügen, die dem Lehrfeld bei uns den Stellenwert auch geben, den es auch dann am Ende bei uns hat und den die Leute auch schätzen. Ja, das ist immer eine ganz spannende Frage. Die kriege ich recht häufig gestellt und die ist tatsächlich nur sehr vielschichtig zu beantworten. Also ich glaube, es gibt kaum einen Weg, den ein Pferd noch nicht hierhin gefunden hat. Aber tatsächlich ist es so, um das vielleicht mal ein bisschen zusammenzufassen, haben wir das Glück, dass wir wirklich häufig auch Pferde übernehmen von Lehrgangsteilnehmern, die aus unterschiedlichsten Gründen aufhören zu reiten. Meistens sind es Kinder und Jugendliche, die über Jahre hier waren, die dann ins Ausland gehen oder anfangen zu studieren. Und das Tier soll nicht verkauft werden, das Pferd oder Pony, sondern es soll in gute Hände. Und dann fällt halt häufig der Begriff Schulze News, weil da steht fest, da wird es dann auch nicht mehr weiterverkauft. Und es ist halt auch die Gewissheit da, dass sich gut um das Pferd oder Pony gekümmert wird. Das ist ein Weg, den wir Gott sei Dank sehr häufig nehmen können zur Akquise der Pferde oder Ponys. Ein weiterer Schritt ist, dass wir auch Kooperationen mit Handelsstellen haben. Der dritte Weg ist eigentlich, dass wir uns selber umhören. Da hat man natürlich dann auch im Laufe der Jahre unterschiedliche Ansprechpartner gewonnen. Aber eigentlich muss man tatsächlich sagen, so ein ganz wichtiger Weg ist für uns wirklich Mundpropaganda, auch über vielleicht Bekannte von Lehrgangsteilnehmern, die aufhören zu reiten oder ihr Pferd abgeben möchten und sich neu orientieren und ein anderes Pferd suchen. Und das, finde ich, sind immer ganz schöne Geschichten, wenn man die Pferde oder Ponys auch schon lange kennt. Mit den Kindern sind sie bei uns gewesen und wir dürfen sie dann übernehmen. Und so haben wir viele Geschichten und viele Ponys und Pferde hier, die deutlich länger als die Lehrgangsteilnehmer hier bei uns im Betrieb verweilen.
[SPEAKER 3]
[00:27:08-00:27:27]
Und wie sind die Anforderungen dieser Lehrpferde, eurer Mitarbeiter? Die sind ja auch gestiegen in den letzten Jahrzehnten. Also da werden wahrscheinlich auch viele Feriengäste ein großes Augenmerk drauf haben. Wie werden die gehalten? Hat sich da bei euch was verändert? Wie sieht der Alltag von so einem Lehrpferd aus? Wie oft läuft es beispielsweise im Unterricht?
[SPEAKER 2]
[00:27:29-00:29:51]
Also ich glaube, gerade bei den Haltungsbedingungen hat sich Gott sei Dank in den vergangenen Jahrzehnten unheimlich viel getan. Und da bin ich auch immer ganz offen. Die Leute kommen zu uns, weil sie sich wohlfühlen und deren Pferde sich wohlfühlen sollen. Und das funktioniert natürlich nur, wenn wir auch einen Standard für alle Pferde haben und wir da keine Zweiklassengesellschaft einführen. Ich kann nicht sagen, unser Turnierpferd hat eine Box 4x4 Meter und die anderen stehen in einer Box ohne Fenster. Das funktioniert zum einen nicht und von daher waren wir da vielleicht auch immer der Zeit ein bisschen voraus, muss man sagen, um auch den Kundenansprüchen irgendwo immer genügen zu können, aber weil es auch unser eigener Anspruch ist. Da bin ich auch ganz offen, da legen wir sehr hohen Wert drauf. Und dann in der Haltung, gerade Weidegang, wir haben fast 35 Hektar Weideland, sowohl für die eigenen Pferde als auch für die mitgebrachten Leergangspferde. Die Weiden sind bei uns trotz nicht idealer Bodenverhältnisse hier bei uns 365 Tage im Jahr geöffnet für alle Pferde. Darüber hinaus haben wir Allwetterpaddocks, also man hört vielleicht schon so ein bisschen raus, das Thema freie Bewegung ist für uns ganz wichtig. Und wir versuchen neben dem Reiten auf jeden Fall ein Modell zu finden für jedes Pferd. Das ist auch wieder sehr individuell geworden. Früher hatten wir große Herden, mittlerweile doch eher kleinere Gruppierungen. Was aber auch den Hintergrund hat, früher sind dann zehn Kinder auf die Weide gegangen und haben sich aus der Herde die Pferde rausgenommen. Das ist heute auch aus Sicherheitsgründen vielleicht nicht mehr so die allerbeste Idee, um das mal vorsichtig zu formulieren. Nein, aber das ist für uns einfach auch aus eigenem Interesse heraus ein sehr wichtiges Thema. Und eigentlich finde ich es eher schade, muss ich sagen, dass wir häufig den einen oder anderen so ein bisschen da in die Richtung dann auch mal schieben müssen, dass auch jedes Pferd auf die Wiese darf, aufs Paddock. Das erlebt man, muss man offen ansprechen, leider auch immer mal wieder. dass man da doch Überzeugungsarbeit leisten muss. Und das ist schade. Auf der anderen Seite muss man sagen, ist das auch unser Job, auch solche Dinge anzusprechen, das auch eine klare Haltung zu haben. Und ja, von daher glaube ich, zeigt das auch wieder, wie vielschichtig da die Aufgaben eines Reitausbilders über den eigenen eigentlichen Reitunterricht hinaus sind.
[SPEAKER 1]
[00:29:52-00:30:10]
Ein großes Thema sind ja die Preise. Auch ihr, im Übrigen ja nicht nur der Reitsport, sondern auch fast jede Sportart sieht sich Preissteigerungen entgegen. Was muss heutzutage 45 Minuten, 60 Minuten Reitunterricht kosten?
[SPEAKER 2]
[00:30:10-00:31:50]
Das hängt von ganz vielen Faktoren ab. Ich glaube, das kann man nicht pauschalisieren. Zum einen muss man erst mal, welche Qualifikation bringe ich selber mit? dann muss jeder für sich einschätzen, was ist aus meiner Sicht meine Arbeit wert. Ich glaube, das ist ganz wichtig, dass man selber mal eine Einschätzung trifft, was bin ich selber wert oder die Zeit, die ich da investiere. Und darüber hinaus natürlich auch gerade als zukünftiger Betriebsleiter sehe ich mich damit auch sehr oft konfrontiert, dass wir natürlich auch noch ganz andere Kosten zu decken haben. Und ich kann das jetzt nicht so einstirnig sehen zu sagen, Das ist jetzt das Pferd, ich habe hier einen Platz und da mache ich meinen Reitunterricht, sondern ich muss das ja gesamtheitlich sehen und dann runterbrechen, was muss mich eine Reitstunde kosten. Bei uns ist es ja so, dass wir nicht diesen klassischen Unterricht haben, dass die Leute bei uns eine Zehnerkarte kaufen können und dann zehn Unterrichtseinheiten nehmen, sondern wir haben dieses Komplettprogramm, dass die Leute wirklich bei uns untergebracht sind. Von daher ist das bei uns eine gewisse Mischkalkulation auch mit dem Hotelbetrieb und dem Reitbetrieb, Von daher ist das wirklich schwer oder fällt es mir schwer, da jetzt eine Aussage zu treffen, was das kosten muss. Aber ich bin ganz ehrlich, es muss für jeden so sein, dass sich seine Zeit rentiert und dass man nicht am Ende des Tagesabends zu Hause sitzt und sagt, hätte ich meine Zeit nicht besser anders investieren können. Weil ich glaube, wenn das erreicht ist, dann weiß man, dass man die Preise auf jeden Fall nicht richtig angesetzt hat. Und ich weiß, das ist nicht die Antwort, die du haben wolltest, aber das ist tatsächlich sehr schwierig zu beantworten im Reitsport.
[SPEAKER 1]
[00:31:50-00:32:28]
Aber was man ja immer wieder hört und ich war in der Vergangenheit auch auf Podiumsdiskussionen dazu, dass tendenziell ja... Die Reitstunde, wenn man jetzt sagt, das ist wirklich eine echte physische Zeitstunde, dass die grundsätzlich in vielen Betrieben zu günstig ist. Und dass, wenn man jetzt einen Tennistrainer nimmt für eine Stunde, der unter 50, 60 Euro, dann nimmt er seinen Schläger meistens gar nicht in die Hand. Und dass das etwas ist, was wir im Pferdesport noch nicht so richtig haben, dass diese Preise sich auch wirklich so materialisieren im Verhältnis, wie die Kosten dahinter auch stehen.
[SPEAKER 2]
[00:32:30-00:34:15]
Genau, und ich glaube, das ist eigentlich das Hauptproblem, dass mittlerweile die Kosten, die auf so einen Betrieb zugekommen sind, auf unterschiedlichsten Wegen, da reden wir dann nicht nur über GOT oder Inflation, sondern auch auch Futterpreise etc., da spielen so viele Faktoren auch eine Rolle, wodurch die Kostensteigerungen für den Betrieb mittlerweile stattgefunden haben. Und wenn man bestehen möchte, muss man diese Kosten am Ende einfach weitergeben, weil sonst hat man keine Chance, am Markt zu bestehen und vor allen Dingen auch nicht als Betrieb zu überleben. Und ich glaube, das Wichtigste ist, dass man transparent vorgeht und das mit seinen Kunden auch bespricht und den Preis auch argumentieren kann. Ich glaube, dann ist das Verständnis auch irgendwo da. Auf der anderen Seite ist es auf der einen Seite, was du gerade sagst, im Verhältnis zu anderen Sportarten. Aber man darf, glaube ich, auch nicht vergessen, wir befinden uns gerade in einer Zeit, wo die Leute und gesamtgesellschaftlich die Menschen sich enormen Kostensteigerungen entgegensehen. Der ganze Lebensunterhalt ist schon teurer geworden. Und dann wird natürlich auch als erstes am Hobby gespart. Da muss man sich natürlich auch nichts vormachen. Für die meisten ist es ein Hobby. Es ist ein teures Hobby. Und von daher ist das ein sehr schwieriges Thema. Aber ich gebe euch total recht. Man muss sich da auch mal an anderen Sportarten oder vielleicht auch besonders an anderen Dienstleistern orientieren. Was wird da für eine Zeitstunde aufgerufen? Und ich denke, jeder weiß, was man mit seiner Qualifikation in anderen Berufsgruppen verdienen würde. Und ich glaube, da muss man sich einfach daran orientieren und das auch transparent kommunizieren. Dann hat man auch eine Chance, das beim Kunden durchzusetzen.
[SPEAKER 3]
[00:34:16-00:34:57]
Du sprichst es an, Reiten ist ein kostenintensiver Sport und der Wert des Unterrichts muss zum einen vermittelt werden, zum anderen zögern auch viele Eltern ihren Kindern diesen Sport auf die Dauer zu ermöglichen. Ich kann mir vorstellen, du hast sicherlich den oder die eine oder andere Schülerin bei dir im Lehrgang, denen es aber dann nicht vergönnt ist, mit dem Reiten wirklich da dran zu bleiben, weil die Eltern doch davor zurückstrecken, da längerfristig zu investieren. Wie motivierst du Kinder, Jugendliche, deren Eltern vielleicht nicht die Mittel haben, um diesen Sport zu finanzieren?
[SPEAKER 2]
[00:34:60-00:37:53]
Also Motivation finde ich ist immer ein Thema, das muss auch immer ein bisschen von den Kindern selber kommen. Ich sage mal, man kann keinen zwingen. Wenn ich jetzt aber ein motiviertes Kind habe, wo die finanziellen Dinge limitiert sind, dann finde ich ist es immer wichtig, dass man offen darlegt, welche Möglichkeiten kann man bieten, aber auch welche Risiken stehen dahinter. Weil ich glaube, wir haben es in der Vergangenheit sehr häufig erlebt, dass junge Menschen in dieses Berufsbild eingestiegen sind, kannten vielleicht die Thematik, fährt häufig nur über Ferienlehrgänge und sahen sich auf einmal in dem harten beruflichen Alltag und waren dann eigentlich wie vom Kopf gestoßen, was da eigentlich alles hinter steht, neben dem eigentlichen Reiten. Und ich glaube, das ist ganz wichtig. Motivieren auf der einen Seite, aber auch immer klar sagen, was gehört eigentlich alles dazu, wenn ich das beruflich machen möchte. Und warum komme ich jetzt so schnell auf das Thema beruflich? Weil ich glaube, wenn die finanziellen Mittel limitiert sind, gibt es im Sport eigentlich nur zwei Wege, wie man das hinbekommen kann, dann doch nach oben zu kommen. Da muss man, glaube ich, jetzt nicht lange drum herumreden. Entweder ich mache es beruflich oder ich finde jemanden, der mich finanziell unterstützt, heißt ein Sponsor oder ein Mäzen. Aber auch dann läuft es ja häufig darauf hinaus, dass ich es im beruflichen Kontext mache. Das ist nicht einfach, aber ich glaube, dem sehen sich andere Sportarten genauso gegenübergestellt, wenn ich irgendwas sehr professionell machen möchte. Und von daher ist das ein sehr schwieriges Thema, glaube ich, gerade für junge Menschen, gerade die so sehr motiviert rein starten, aber dann nach einiger Zeit auch sehen, gerade wenn Phasen kommen, wo es vielleicht sportlich mal nicht so läuft, wo man sich dann eher mit jungen Pferden oder der Arbeit zu Hause beschäftigt, dass das Ganze natürlich auch Schattenseiten hat. Und ein ganz wichtiges Thema, glaube ich, was man von Anfang an kommunizieren muss, dass wenn man Tiere oder in diesem Fall sich mit Pferden beruflich beschäftigt, ist das ein 24-7-Job und das 365 Tage im Jahr. Und das, glaube ich, ist nicht immer einfach. Das muss man realisieren. Und das ist man auch den Tieren schuldig. Jetzt hört sich das alles sehr negativ an, glaube ich, was ich so jetzt erzählt habe. Auf der einen Seite ist es das vielleicht, auf der anderen Seite ist es aber auch die knallharte Realität. Ich bin kein Freund davon, jungen Leuten zu sagen, mach das beruflich, du bist talentiert. Das wird mit Sicherheit klappen, weil Talent alleine reicht einfach nicht mehr aus. Da gehört in der heutigen Zeit so viel dazu. Und von daher ist das ein sehr schwieriges Thema. Aber ich glaube, durchaus möglich. Aber immer, glaube ich, nur mit den passenden Förderern, die dann natürlich auch über das Prinzip fordern und fördern, die jungen Leute da gut hinbringen können. Aber insgesamtheitlich gesehen muss man sich da nichts vormachen. Ist das mit einer Finanzierung?
[SPEAKER 3]
[00:37:56-00:38:34]
Das eine sind die Kosten, das andere ist, wenn wir dann mal weiter in den Sport und in den Beruf hineinschauen, sind es ja auch die Chancen, die für Frauen und Männer ja nicht immer komplett chancengerecht sind. Equal Equest ist eine Initiative, die sich ja dafür einsetzt. Und wir wissen aber alle, bei Anfängern ist der Anteil von Mädchen noch ungleich höher als der Anteil von Jungs. Deswegen interessiert uns einmal von dir zu erfahren, wie du die Jungs für den Sport begeisterst oder wie ist denn überhaupt die Quote? Kommt ein Junge auf neun Mädchen oder wie sieht das aus bei euch in der Reitschule?
[SPEAKER 2]
[00:38:35-00:41:03]
Leider ist die Quote sehr sparsam. Also das finde ich auch sehr, sehr schade. Nein, es ist ganz unterschiedlich, aber ich glaube völlig normal. Das habe ich selber ja auch alles mitgemacht, dass Reiten jetzt nicht unbedingt der coolste Sport ist. Gerade so in dem Alter irgendwo zwischen acht und zwölf. Die, die da wirklich am Ball bleiben, glaube ich, die sind schon sehr hartgesotten. Ich glaube, das weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es in der Schule nicht immer einfach ist. Da muss man sich viele Dinge anhören, ist natürlich auch häufig alleine. Aber häufig ist es so, dass bei Jungen, oder das erleben wir hier auch sehr häufig, dass Jungs später einsteigen, aber häufig dann auch deutlich motivierter sind, gerade was so den Bereich Leistungssport angeht, sich messen auf Turnieren. Und dann natürlich auch so ab einem gewissen Alter auch gewisse Vorteile sehen, dass man so ein bisschen der Hahn im Korb ist, will ich mal vorsichtig formuliert sagen. Nein, aber ganz grundsätzlich, wie motiviert man Jungs? Das Wichtigste aus meiner Sicht ist, Jungs müssen immer zu zweit oder mit mehreren sein. Gerade in dem Alter ist es schlecht, wenn einer alleine ist. Deswegen versuchen wir auch häufig, wenn wir Anfragen bekommen von Eltern, die ihren Jungen anmelden möchten, dass wir die irgendwie zusammengelegt bekommen, sodass die mindestens zu zweit sind. Wir haben manchmal Lehrfänge, da sind zehn, zwölf Jungen da. Das macht auch uns super Spaß und auch gerade mir, weil ich es super finde, wenn junge Leute oder Jungs sich in dem Alter wirklich mit dem Pferd beschäftigen wollen. Aber gerade da ist es so, das gemeinsame Betreiben eines Hobbys ist für Jungs, glaube ich, sehr wichtig und da nicht alleine zu sein. Und darüber hinaus ist es wirklich, dass man die Jungs gut reizen kann, damit sich untereinander zu messen, sei es, wenn man mal so ein internes Turnier macht oder solche Dinge. Und Wichtig bei Jungs ist vor allen Dingen auch, dass man nicht zu viel Druck macht. Die müssen von selber dabei bleiben und häufig ist es dann so, entweder macht es irgendwann klar und sie sind high-end motiviert oder sie steigen irgendwann aus. Aber die, die aussteigen wollen, dann im Sport zu halten und irgendwo zu zwingen, das führt meistens nicht zum Erfolg. Also das haben wir schon häufig erlebt und am Ende muss es gerade bei Jungen, am Ende bei allen, aber gerade bei Jungs in dem Alter wirklich von einem selber kommen. Und es macht uns auf jeden Fall immer sehr viel Spaß, wenn wir hier Jungen mit in den Kursen haben.
[SPEAKER 1]
[00:41:03-00:41:15]
Jan, wenn wir jetzt einmal noch einen Strich drunter ziehen. Was macht Reitschulen heute und in der Zukunft erfolgreich? Was sind aus deiner Sicht die Bausteine, die es braucht, um erfolgreich zu sein?
[SPEAKER 2]
[00:41:17-00:42:19]
Ich glaube, ein ganz wichtiger, wenn nicht der wichtigste Baustein ist das Lehrfeld. Ich denke, es ist elementarer denn je in der Ausbildung von Reitschülern, gerade von jungen Leuten, da immer weniger Leute sich ein eigenes Pferd leisten können, spielt das Lehrfeld eine immer größere Rolle. Auf der anderen Seite muss diese Nachfrage und auch die Qualität der Lehrfeld, die man zur Verfügung stellt, besser bezahlt werden. Darüber hinaus, um wirklich einen Strich drunter zu ziehen, ist, man muss sich selber immer treu bleiben, eine Linie behalten, egal was man macht, egal in welche Richtung man geht. Und bei allen Anpassungen, die man vornimmt an die Kundenbedürfnisse, muss man auch immer sehen, dass man dahingehend die Leute auch an die eigene Linie etwas näher heranbekommt. Natürlich wird der Fokus immer breiter, aber man muss trotzdem am Ende auch abends zufrieden ins Bett steigen. Und ich glaube, da ist jeder am Ende selber für verantwortlich.
[SPEAKER 1]
[00:42:21-00:42:23]
Ich glaube, einen besseren Schlusspunkt kann es gar nicht geben.
[SPEAKER 3]
[00:42:25-00:42:38]
Normalerweise fragen wir unsere Gäste immer, was redest du dem 20-jährigen Jan in diesem Fall? Aber ich meine, du bist noch gar nicht 30, oder?
[SPEAKER 2]
[00:42:38-00:43:43]
Ich bin noch keine 30, aber tatsächlich wurde mir die Frage letztens schon einmal gestellt und habe ich mir dann auch mal Gedanken zugemacht. Und ich glaube, das kann man ganz gut zusammenfassen. Ein ganz wichtiger Punkt gerade im Umgang mit Tieren ist Geduld, geduldiger sein. Gerade bei jungen Pferden in der Ausbildung mit Pferden, man will als junger Mensch natürlich schnell Ziele erreichen, gerade auch im sportlichen Hinblick und vielleicht auch in dem einen oder anderen Moment etwas weniger emotional agieren. Aber ansonsten bin ich auch der festen Überzeugung, dass man aus Fehlern immer gelernt hat für die eigene Zukunft und man gestärkt aus schwierigen Situationen hervorgegangen ist. Und das habe ich bei mir mittlerweile auch festgestellt. Man denkt dann doch häufig mal an Fehler zurück, die man gemacht hat, aber auch an die Learnings, die man daraus mitgenommen hat. Und von daher, glaube ich, darf man sich da gar nicht immer zu viele Gedanken machen, aber das eine oder andere muss man schon für die Zukunft, glaube ich, auch kritisch analysieren.
[SPEAKER 3]
[00:43:44-00:43:45]
Sehr schön.
[SPEAKER 1]
[00:43:45-00:43:51]
Lieber Jan, vielen Dank. Weiterhin viel Fortunen und alles Gute für den Betrieb und weiterhin eine schöne Hochsaison.
[SPEAKER 2]
[00:43:52-00:43:55]
Ja, vielen herzlichen Dank. Ciao.
[SPEAKER 1]
[00:43:58-00:44:15]
Das war vorerst die letzte Folge dieser Miniserie Pferdesport 3000. Wenn ihr Feedback habt, Anmerkungen und so weiter, schickt uns gerne eine Nachricht. Auf Instagram folgt den Kollegen von Equal Equest natürlich dort auch. Und wenn ihr mögt, hören wir uns bei der nächsten Folge des WeHorse Podcasts.